Geld nutzen: Brüssel will Sparer zu Anlegern machen
Die EU will angesichts finanzieller Herausforderungen in Verteidigung und Wirtschaft die Bürger zum Investieren bewegen.

Die EU braucht Geld – etwa für Verteidigung und die Wirtschaft. Gleichzeitig liegen riesige Sparsummen auf der Bank. Brüssel versucht, die Bürger zum Anlegen zu bringen und setzt ganz grundlegend an.
Europas Bürgerinnen und Bürger sparen Billionen – und legen sie kaum zinsbringend auf Bankkonten. Damit mehr Bürgerinnen und Bürger ihr Geld stattdessen investieren, will die EU-Kommission die finanzielle Bildung der Verbraucher stärken. Da es neben Wissen auch einfache und leicht zugängliche Möglichkeiten zum Investieren brauche, will sie zudem mehr sogenannte Spar- und Anlagekonten für Private.
Was will die Brüsseler Behörde genau und warum? Fragen und Antworten.
EU-Umfrage zeigt grosse Lücken beim Finanzwissen
Eine Umfrage der EU-Kommission hatte 2023 ergeben, dass nur jeder Zweite in der EU über durchschnittliches Finanzwissen verfüge, weniger als jeder Fünfte über ein hohes. Bei der Umfrage wurde auch deutlich, dass es gerade bei Frauen, jungen Menschen, Menschen mit geringerem Einkommen und einem niedrigeren Bildungsniveau Lücken gibt.
Mit verbesserter Finanzkompetenz aber könnten Menschen besser haushalten, Betrug vermeiden, Schulden verantwortungsvoll managen und mehr sparen, heisst es von der Kommission. Mit ihrer nun vorgestellten Strategie will die Behörde zudem dafür sorgen, dass die Bürger auf solider Grundlage an den Kapitalmärkten teilnehmen.
Der Behörde zufolge soll es in allen Mitgliedsstaaten Initiativen von öffentlichen und privaten Akteuren zur Verbesserung der Finanzkompetenz geben. Eine EU-weite Informationskampagne soll die nationalen Massnahmen verstärken. Die Brüsseler Behörde ermutigt die Mitgliedsländer auch, bestehende EU-Finanzierungswege für Initiativen und Forschungsprojekte zum Thema zu nutzen. Um Fortschritte und Entwicklungen zu beobachten, will die Kommission unter anderem regelmässig Umfragen durchführen.
EU will einfache und sichere Anlagekonten schaffen
Die Konten von etwa Banken oder Neo-Brokern sollen einfach zu bedienen und flexibel sein sowie breite Anlagemöglichkeiten und steuerliche Anreize bieten. Sehr riskante oder komplexe Produkte, wie beispielsweise bestimmte Derivate oder manche Kryptowährungen, sollen nicht zugelassen werden.
Neben mangelnder Finanzkompetenz sind der Kommission zufolge auch komplizierte Abläufe beim Investieren und ein zersplitterter Finanzmarkt mit wenig Wettbewerb Gründe dafür, warum viel Geld auf Sparkonten liegt. Damit die Bürgerinnen künftig einfachere Möglichkeiten haben, ihr Geld anzulegen, sollen in mehr Mitgliedsstaaten die sogenannten Spar- und Anlagekonten entstehen. Dafür spricht die Brüsseler Behörde Empfehlungen an die Länder aus.
Die Sparquote in der EU ist den Angaben nach eine der höchsten weltweit: Rund zehn Billionen Euro Ersparnisse von Bürgerinnen und Bürgern liegen in der EU auf der Bank. Gleichzeitig wird in der Staatengemeinschaft dringend Geld etwa für Aufrüstung oder den Grünen und digitalen Wandel gebraucht. Wenn mehr Bürger ihr Geld beispielsweise in börsennotierte Unternehmen investieren, steht mehr Kapital zur Verfügung.
EU sieht Milliardenpotenzial durch mehr Privatanleger
In einem optimistischen Szenario schätzt die Kommission demnach etwa, dass eine stärkere Beteiligung von Privatanlegern an den Kapitalmärkten die Investitionen in europäische Anlagen über zehn Jahre um mehr als 1,2 Billionen Euro erhöhen könnte. «Dadurch hätten EU-Unternehmen besseren Zugang zu Kapital und mehr Finanzierungsmöglichkeiten, um ihr Wachstum und ihre Innovation zu unterstützen», so die Kommission.
Dies könnte ihren Angaben nach auch innovative kleine und mittelständische Unternehmen umfassen. Die Spar- und Anlagekonten spielten insgesamt eine wichtige Rolle dabei, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken, so die Kommission.