Einst waren Computerspiele vor allem etwas für junge Leute, doch längst haben sie alle Altersgruppen erreicht. Die Entwickler und der Handel freuen sich über hohe Nachfrage. Doch so wirklich begeistert sind deutsche Branchenvertreter trotzdem nicht.
Gamescom
Ein Besucher der Kölner Gamescom probiert an einem Stand ein Videospiel mit einer VR-Brille aus. Foto: Christophe Gateau - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ob virtuelle Fussballspiele, Action oder Abenteuerwelten: Mit kräftigen Wachstumszahlen im Rücken steuert die Computerspielbranche die Gamescom an, die weltweit grösste Messe rund ums Zocken und Daddeln.

Der Umsatz mit den Games sowie mit Konsolen und Zubehör sei im ersten Halbjahr 2019 in Deutschland auf rund 2,8 Milliarden Euro gestiegen, teilte der Branchenverband game in der Domstadt mit. Im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr war das ein Plus von 11 Prozent.

Wachstumstreiber waren Gebühren für Online-Dienste, bei denen der Umsatz um die Hälfte auf 228 Millionen Euro anstieg. Auch «In-Game-Käufe» kletterten in die Höhe, der Verkauf von Hardware und Spielen hingegen blieb mit leichten Abschlägen in etwa stabil.

Das anhaltend starke Wachstum der Branche verdeutliche, «welchen grossen wirtschaftlichen Stellenwert Computer- und Videospiele längst eingenommen haben», sagte game-Geschäftsführer Felix Falk. Der Branchenvertreter liess zugleich aber Sorgenfalten erkennen. Grund: der abermals gesunkene Anteil deutscher Entwickler am Markt, der 2018 nur noch bei 4,3 Prozent lag. Ein Jahr zuvor waren es noch 5 Prozent, davor lagen die Zahlen noch deutlich höher. «Das geht seit Jahren runter», sagte Falk.

Am weltweiten Games-Geschäft machen die Spiele aus Deutschland nach Schätzung von Falk weniger als ein Prozent aus. Kassenschlager wie die «Fifa»-Fussballreihe oder «Fortnite» kommen aus Nordamerika. Zu deutschen Entwicklungen gehören die Strategiegames «Siedler» und «Anno» sowie Action-Spiele von Crytek, Shooter-Games von Yager und Unterhaltungsspiele von Wooga.

Warum so mickrige Werte? Game-Geschäftsführer Falk betonte, der Standort Deutschland sei stark und innovativ. Doch es mangele an staatlicher Förderung, wie sie es längst in anderen Staaten - zum Beispiel in Kanada, aber auch in Europa - gebe. Durch dieses Ungleichgewicht haben hiesige Entwickler einen Wettbewerbsnachteil. «Wenn ich hier ein Spiel entwickele, ist es bis zu 30 Prozent teurer als in Frankreich oder England», sagte Falk.

Die Branche dringt seit Langem auf eine Förderung ähnlich wie bei der Filmförderung. Die hatte der Bund bereits zugesagt und will die Branche im laufenden Jahr mit 50 Millionen Euro unterstützen. In dem Haushaltsentwurf für 2020 ist der Posten aber nicht mehr drin. Das sei für die Branche ein «grosses Fragezeichen», sagte Falk besorgt. Stütze der deutsche Staat die hiesigen Entwickler, ginge der Marktanteil wieder deutlich nach oben, ist er sicher. «Das Potenzial ist bedeutend höher als vier, fünf oder sechs Prozent.»

Nächste Woche findet in Köln die Gamescom statt, das weltweit grösste Event für Computer- und Videospiele. 2018 kamen rund 370.000 Besucher, es herrschte mitunter grosses Gedränge. Die Messefläche wurde nun um acht Prozent auf 218.000 Quadratmeter vergrössert.

Erstmals findet bereits am Montagabend eine Art Auftaktveranstaltung auf dem Messegelände statt, die «Opening Night live» mit der Vorstellung von Neuheiten. Mehr als 1500 Fans werden in einer Messehalle erwartet. Dienstag ist Fachleuten und der Presse vorbehalten, richtig los geht es am Mittwoch - dann wird auch das breite Publikum in die Gamescom-Hallen strömen. Ob abermals ein Besucher-Höchstwert erreicht wird, wollte Verbandschef Falk nicht schätzen. Es gehe ihnen ohnehin vor allem um die globale Reichweite im Netz, etwa durch Webstreams. Hierzu sollen dieses Jahr zum ersten Mal genaue Daten erhoben und ausgewertet werden.

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