Erstmals Urteil gegen IS-Heimkehrerin - fünf Jahre Haft

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Deutschland,

Es könnte eine wegweisende Entscheidung sein: In Stuttgart wird eine Deutsche verurteilt, die sich den Terroristen des IS angeschlossen hatte. In München berichtet die mutmassliche Mutter eines verdursteten Mädchens von ihrem Martyrium.

Die Angeklagte im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in Stammheim zwischen ihrem Anwalt (l.) und einem Mitarbeiter der Justiz (r). Foto: Marijan Murat
Die Angeklagte im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in Stammheim zwischen ihrem Anwalt (l.) und einem Mitarbeiter der Justiz (r). Foto: Marijan Murat - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Wegen Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat hat das Oberlandesgericht Stuttgart eine Deutsche zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Die Richter legten der 32-Jährigen zur Last, sie sei mit vollem Herzen dabei gewesen und habe für das Leben beim IS geworben.

Die vierfache Mutter hatte von Ende 2013 bis August 2017 in Syrien und im Irak gelebt. Mitte 2018 wurde sie nach der Rückkehr aus dem Kriegsgebiet in Baden-Baden festgenommen. Laut Bundesanwaltschaft ist es der erste Schuldspruch gegen eine IS-Rückkehrerin.

Die Anklage hatte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren beantragt, die Verteidigung drei Jahre Haft gefordert. Die Angeklagte hatte ein weitgehendes Geständnis abgelegt und sich vom IS losgesagt.

Die 32-Jährige wurde zugleich wegen Kriegsverbrechen gegen Eigentum verurteilt. Das Gericht stützte den Vorwurf der IS-Mitgliedschaft nämlich auch darauf, dass die Frau mit ihrer Familie unter anderem ein Wohnhaus und Unterkünfte von IS-Flüchtlingen in Besitz genommen habe. Damit habe sie einen Beitrag zur Sicherung des Herrschaftsanspruchs der Terrororganisation geleistet.

Das Urteil kann richtungsweisend sein, weil die Bundesanwaltschaft auch in anderen Fällen versucht, zurückgekehrten Frauen auf diese Weise die IS-Mitgliedschaft nachzuweisen. Sabine S. konvertierte 2008 in Deutschland zum Islam und radikalisierte sich. Sie liess hier ihre zwei Kinder aus erster Ehe zurück, um nach Syrien zu gehen.

Das Gericht zeigte sich davon überzeugt, dass die Angeklagte in Syrien gegen die Regierung von Baschar al-Assad kämpfen wollte. Sie habe sich dem Willen des IS untergeordnet und von ihrem Ehemann eine Maschinenpistole bekommen, die sie ausserhalb der Wohnung trug, um sich verteidigen zu können. Auch Schiessübungen führte sie nach Überzeugung des Gerichts mit der Waffe durch.

Laut Bundesanwaltschaft hatte Sabine S. kurz nach ihrer Ankunft in Syrien einen ihr bis dahin unbekannten IS-Kämpfer geheiratet, der später bei Kampfhandlungen ums Leben kam. Der Anklage zufolge pries sie in mehreren Internetblogs das Leben beim IS. Ziel sei es gewesen, möglichst viele Leute zur Ausreise in das Krisengebiet zu gewinnen.

In einem weiteren Prozess muss sich zurzeit eine 28 Jahre alte Deutsche, die sich dem IS angeschlossen haben soll, wegen Mordes und Kriegsverbrechen vor dem Münchener Oberlandesgericht (OLG) verantworten. Sie soll unter anderem für den Tod eines jesidischen Mädchens verantwortlich sein. Am Freitag sagte die mutmassliche Mutter der Fünfjährigen aus und berichtete von täglichen Schlägen ihrer Peiniger.

«Ich war auch in Syrien - aber das Schlimmste habe ich in Falludscha erlebt», sagte die Frau, die in dem Verfahren als Nebenklägerin auftritt. Sie habe mit ihrer Tochter als Sklavin bei einem IS-Paar in der irakischen Stadt gelebt, habe den Haushalt machen müssen und sei regelmässig geschlagen worden. Auch ihre erst fünf Jahre alte Tochter habe regelmässig Schläge bekommen und deswegen einmal vier Tage im Bett verbringen müssen, um sich davon zu erholen.

Einmal habe der Mann sie gezwungen, während eines Luftangriffs auf Falludscha auf das Hausdach zu klettern. «Ich habe grosse Angst gehabt.» Die deutsche Ehefrau des Mannes habe bei seinen Taten zugesehen, ihn aber auch dazu angestachelt, beispielsweise wenn sie sich bei ihm beschwerte, das Mädchen sei zu laut und gehe unerlaubt in alle Zimmer des Hauses.

Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass es sich bei der deutschen Ehefrau um die 28 Jahre alte Jennifer W. handelt, die dem IS im Irak angehören soll und wegen Mordes und Kriegsverbrechen vor Gericht steht. Sie soll dabei zugesehen haben, wie das Mädchen angekettet in der Sonne qualvoll verdurstete.

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