Angesichts steigender Flüchtlingszahlen will Deutschland die Kontrollen an der Grenze zu Österreich über den November hinaus verlängern. Dies kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach einem Spitzengespräch mit Vertretern von Bundesländern und Kommunen am Dienstag an.
Internationales Olympisches Komitee IOC
Nancy Faeser hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) für seine Entscheidung kritisiert, russische Sportler wieder bei Olympia zuzulassen. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die serbische Regierung forderte sie im Namen der deutschen Regierung auf, die visumsfreie Einreise für Staatsangehörige vieler Drittstaaten, die zu einer Zunahme der unerlaubten Einreisen in die EU geführt habe, zu stoppen.

Der deutsche Staat will den Ländern und Kommunen auch 56 zusätzliche Bundesimmobilien für die Unterbringung von 4000 Geflüchteten zur Verfügung stellen. Finanzielle Zusagen machte Faeser hingegen nicht. Wie sich der Bund finanziell an den Flüchtlingskosten beteiligen will, soll in einer Bund-Länder-Runde Anfang November geklärt werden.

Auch Prognosen, wie viele Geflüchtete dieses Jahr noch nach Deutschland kommen werden, machte die Ministerin nicht. Sie sagte: «Wir können nicht absehen, wie Russlands verbrecherischer Angriffskrieg weitergeht.»

Der Vorsitzende der deutschen Innenministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU), sagte, die Bereitstellung weiterer Immobilien des Bundes müsse angesichts der akuten Engpässe mit hohem Tempo vorangetrieben werden. Er begrüsste die Verlängerung der Grenzkontrollen.

«Die zunehmend angespannte Lage bei der Aufnahme von Geflüchteten gebietet es, sämtliche Möglichkeiten zu nutzen. Es kann nicht angehen, dass Menschen jetzt wieder in Turnhallen untergebracht werden müssen, solange Kapazitäten vorhanden sind», sagte die Grünen-Migrationsexpertin Filiz Polat.

Der Vizepräsident des Deutschen Städtetags, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, sagte, die Situation sei mancherorts sehr kritisch. In Leipzig seien bereits Zeltstädte errichtet worden. In Dresden müsse eine Messehalle für die Unterbringung genutzt werden. Die Situation sei vergleichbar mit den Jahren der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 und 2016. Auch die Betreuung der vielen unbegleiteten Minderjährigen sei eine grosse Herausforderung.

Jung betonte gleichzeitig die immer noch grosse Hilfsbereitschaft der Mehrheit der Bevölkerung. Er verurteilte Demonstranten, die am Montagabend in Leipzig ukrainische Flüchtlinge beschimpft hatten.

Von Jahresbeginn bis September haben nach Angaben der Bundesregierung fast 135 000 Menschen einen Erstantrag auf Asyl in Deutschland gestellt und damit knapp 35 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Zudem mussten seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar rund eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht werden, die ohne Visum einreisen können und für einen legalen Aufenthalt keinen Asylantrag stellen müssen. Faeser hatte bereits vor dem Treffen erklärt, es sei ihr Ziel, die Zahl der unerlaubten Einreisen über die sogenannte Balkanroute zu reduzieren.

Vor dem Treffen hatte es Unmut gegeben, weil sich die Länder und Kommunen teilweise vom Bund nicht ausreichend in wichtige Entscheidungsprozesse einbezogen gefühlt hatten. Hier gelobte Faeser Besserung.

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