Feuer-«Tsunami» - Spaniens Regierungschef unterbricht Urlaub
Teile Spaniens stehen in Flammen: Tausende kämpfen unermüdlich gegen die Brände. Ein Einsatzleiter spricht von einem «Tsunami», der kaum zu stoppen sei.

Wegen der schweren Wald- und Vegetationsbrände im Nordwesten Spaniens hat Ministerpräsident Pedro Sánchez seinen Sommerurlaub unterbrochen. Sánchez wolle am Nachmittag die besonders betroffenen Provinzen Ourense und León besuchen, teilte die Regierung mit.
In den vergangenen knapp zwei Wochen zerstörten die Flammen nach offiziellen Angaben bereits rund 1150 Quadratkilometer – eine Fläche mehr als doppelt so gross wie der Bodensee. Tausende Menschen mussten aus ihren Häusern geholt werden. Mindestens drei Menschen kamen ums Leben.
Am Sonntag registrierte Spanien insgesamt 20 Brände der höchsten Gefahrenstufe zwei, erklärte die Generaldirektorin des Zivilschutzes, Virginia Barcones, im Interview des staatlichen TV-Senders RTVE.
Hilfskonvoi aus Deutschland unterwegs
Die Lage sei besorgniserregend und werde durch die andauernde Trockenheit und Hitzewelle mit Temperaturen von über 40 Grad verschärft. Der Wetterdienst Aemet warnt vor erhöhtem Brandrisiko in mehreren Regionen des Landes bis Montag.
Im Rahmen des Katastrophenschutzmechanismus hatte Spanien bei den EU-Partnern Unterstützung erbeten. Laut Barcones wurden am Sonntag zwei Löschflugzeuge aus den Niederlanden erwartet.
Aus Bonn sollte sich ein Hilfskonvoi von mehr als 20 Feuerwehrfahrzeugen Richtung Spanien in Bewegung setzen. 67 Feuerwehrleute seien dabei, sagte der Deutschen Presse-Agentur ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums.
Mehrere Festnahmen wegen Brandstiftung
Zuletzt waren in den sogenannten Autonomen Gemeinschaften Galicien, Kastilien und León sowie auch in Extremadura und Asturien insgesamt 13 Landstrassen gesperrt. In Galicien war auch eine Bahnverbindung unterbrochen. In einigen Dörfern und kleineren Gemeinden galt ein Ausgehverbot.
Bisher wurden vor allem dünn besiedelte Gebiete in Mitleidenschaft gezogen. Dabei wurden auch grosse Teile von Naturschutzgebieten zerstört. Das Dorf Palacios de Jamuz in León wurde teilweise zerstört, wie ein Video zeigte. Mehrere Menschen wurden unter dem Vorwurf der Brandstiftung festgenommen.
Tausende Angehörige der Feuerwehr, der militärischen Nothilfeeinheit UME, des Zivilschutzes und der Polizei bekämpfen seit Tagen die Flammen. Sie werden von Dutzenden Hubschraubern und Löschflugzeugen unterstützt.
Feuerwehrleute berichten von extremer Hitze, Rauch und schwer zugänglichen Einsatzgebieten. «Es ist, als wollte man einen Tsunami stoppen», zitierte die Zeitung «El País» einen Einsatzleiter in Ourense.
2025 eines der schlimmsten Brandjahre
Laut aktuellen Daten des Europäischen Waldbrandinformationssystems (EFFIS) wurden in Spanien seit Jahresbeginn (bis 16. August) mehr als 1570 Quadratkilometer (157.000 Hektar) Wald und Vegetation durch Brände zerstört – das entspricht der doppelten Fläche von Hamburg (755 Quadratkilometer).
Damit ist 2025 nach nur acht Monaten schon das drittschlimmste Brandjahr der vergangenen zwei Jahrzehnte, übertroffen nur von 2022 (rund 306.000 Hektar) und 2012 (knapp 190.000 Hektar).
Auch im Nachbarland Portugal brennt es derzeit so heftig wie seit Jahren nicht mehr. Mehr als 3.200 Einsatzkräfte bekämpften am Sonntag neun grössere Brände. Kritisch war die Lage laut Zivilschutz vor allem in Arganil im Bezirk Coimbra sowie in Sátão im Bezirk Viseu im Zentrum des Landes. Auch Lissabon bat um EU-Hilfe und erwartet zwei Löschflugzeuge aus Schweden.
Landflucht spielt auch eine Rolle
Die im Zuge des Klimawandels häufigeren und längeren Trockenperioden sind in Spanien laut Experten nicht der alleinige Grund für die zunehmende Brandgefahr. Forst- und Buschlandflächen haben dort in den vergangenen 50 Jahren von zwölf Millionen auf 27 Millionen Hektar zugenommen. Viele dieser Wälder in Gebieten mit Landflucht werden kaum noch genutzt, sodass sich enorme Mengen brennbaren Materials ansammeln, berichtete RTVE.