Die bevorstehende Ukraine-Konferenz ist laut Experten durch die Abwesenheit wichtiger Staaten stark entwertet.
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Das noble Bürgenstock-Resort im Kanton Nidwalden. (Archivbild) - keystone

Das voraussichtliche Fernbleiben von Staaten wie China, Brasilien oder Südafrika sei ein Makel, sagte der Politikwissenschaftler der Universität Innsbruck, Gerhard Mangott, rund eine Woche vor Beginn des Treffens. «Das Bedeutendste wäre das Gruppenfoto am Anfang der Konferenz gewesen», so der Russland-Kenner. Es sei bezeichnend, dass schon vor der Zusammenkunft eine etwaige Nachfolgekonferenz als wichtigstes Ziel gehandelt werde.

«Normalerweise machen Ankündigungen einer Folgekonferenz schon vor dem Beginn der nun geplanten Konferenz deutlich, dass man sich von dem aktuellen Treffen wenig erwartet.» Das Treffen am 15. und 16. Juni auf dem Bürgenstock im Kanton Nidwalden soll einen Anstoss für einen Friedensprozess im von Russland begonnenen Krieg in der Ukraine liefern.

Russland ist nicht eingeladen und hätte auch nicht teilgenommen. Die endgültige Teilnehmerliste soll Anfang nächster Woche veröffentlicht werden.

Fokus auf sekundäre Fragen

Es würden zwar wichtige, aber letztlich sekundäre Fragen wie atomare Sicherheit und Gefangenenaustausch besprochen, sagte Mangott. Dass die USA nur durch Vizepräsidentin Kamala Harris und Sicherheitsberater Jake Sullivan vertreten seien, sei aus Sicht der Ukraine eine grosse Enttäuschung.

«Es ist wirklich unverständlich, warum sich US-Präsident Joe Biden gegen eine Teilnahme entschieden hat», sagte Mangott. Es werde obendrein offensichtlich, dass sich viele Länder des Globalen Südens in der Frage des Krieges nicht eindeutig auf die Seite des Westens stellen wollen.

Schweiz: Image-Pflege und Zurückhaltung

Die Schweiz werde mit dem Treffen, zu dem bisher Delegationen aus rund 80 Staaten erwartet werden, nicht zuletzt Image-Pflege betreiben. Es sei zwar klar, dass die neutrale Schweiz keine Waffen liefere. Aber auch bei humanitären Projekten oder der Erlaubnis für andere Staaten, in der Schweiz hergestellte Waffen an die angegriffene Ukraine zu liefern, sei Bern zurückhaltend bis ablehnend, sagte Mangott.

Die Schweizer Regierung verweist darauf, dass sie 2024 rund 150 Millionen Franken für die humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit in der Ukraine und der Region budgetiert habe.

Friedensverhandlungen noch weit entfernt

Im Krieg in der Ukraine seien beide Seiten noch weit von einem Willen zu Friedensverhandlungen entfernt, so der Experte. Russland habe in diesem Jahr trotz aller Anstrengungen und hoher Verluste nur 800 Quadratkilometer in der Ukraine erobert. Kiew seinerseits setze auf die Lieferung neuer westlicher Waffen.

«Erst wenn der Stellungskrieg beide Seiten erschöpft hat, wird es zu Verhandlungen kommen, aber nur über eine Waffenruhe, nicht über einen Frieden», ist Mangott überzeugt.

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