Experte: Putin-Selenskyj-Treffen «eher unwahrscheinlich»
Auch nach den Ukraine-Treffen in den USA bleiben Fragen bezüglich eines möglichen Friedens offen. Osteuropa-Experte Ulrich Schmid ordnet ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Putin, Selenskyj und europäische Vertreter reisten in den vergangenen Tagen in die USA.
- Der ausgebliebene Waffenstillstand ist ein russischer Erfolg, sagt Experte Ulrich Schmid.
- Ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj bleibt derweil unwahrscheinlich.
Die vergangenen Tage waren geprägt von den beiden Ukraine-Gipfeltreffen in den USA. Zunächst reiste Russlands Präsident Wladimir Putin für Gespräche mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen Donald Trump nach Alaska.
Gestern Montag traf sich Trump nun mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und mehreren Vertretern Europas.
Vor Ort waren mehrere Staats- und Regierungschefs sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und NATO-Generalsekretär Mark Rutte.
Ein Waffenstillstand steht nach den beiden Treffen zwar nicht. Dafür gibt es die Hoffnung, dass es bald zu einem Friedensabkommen kommen wird. Vieles ist jedoch noch unklar: Beispielsweise bleiben offene Fragen bezüglich eines Gebietsaustauschs oder Sicherheitsgarantien.
Europäer können nach schwieriger Ausgangslage zufrieden sein
Gegenüber Nau.ch zieht Osteuropa-Experte Ulrich Schmid von der Universität St. Gallen Gipfel-Bilanz.
Zunächst hält er fest, dass es für die Europäer besser ausging, als befürchtet. «Das Treffen mit Putin in Alaska hat ein weiteres Mal die prekäre Faszination gezeigt, die Putin auf Trump ausübt.» Gleichzeitig sei das westeuropäisch-amerikanische Verhältnis durch den Zollkrieg getrübt.

«Gemessen an diesen beiden Voraussetzungen können die Europäer mit dem Treffen in Washington zufrieden sein», so Schmid.
Im Vorfeld des Treffens wurde beispielsweise befürchtet, dass Selenskyj von Trump unter Druck gesetzt werden könnte. So ist laut Schmid auch die «massive Präsenz» westlicher Spitzenpolitiker zu erklären. Allerdings ist es dann nicht wirklich zu einem solchen Trump-Powerplay gegen Selenskyj gekommen.
Experte: Zwei Faktoren entscheidend für Frieden
Der fehlende Waffenstillstand ist laut Schmid aber ein negativer Aspekt des verlängerten Gipfel-Wochenendes. «Die Absage an einen Waffenstillstand scheint ein Resultat von Trumps Treffen mit Putin zu sein. Es ist beunruhigend, dass es Putin gelungen ist, Trump in dieser Hinsicht auf seine Linie zu bringen.»

Es gebe keinen überzeugenden Grund, auf die Forderung eines Waffenstillstands zu verzichten. «Putin will sein minimales Kriegsziel unbedingt auf militärischem Weg erreichen, deshalb verweigert er sich konsequent einem Waffenstillstand.»
Konkret strebt der Kreml die Eroberung der vier annektierten Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja an.
Ob es dereinst tatsächlich zu einem Friedensabkommen kommt, hängt laut Schmid von zwei Faktoren ab. Solange sich diese nicht ändern, seien die Aussichten schlecht. «Erstens will Putin Krieg und nicht Frieden. Zweitens weigert sich Trump nach wie vor, Putin unter Druck zu setzen.»
Nach wie vor ungeklärt ist, ob es zum Gebietstausch kommen wird. «Über territoriale Fragen hat man wohl gesprochen, aber hier ist man anscheinend noch nicht weiter.»
Bei den Sicherheitsgarantien sei man eher noch weiter von einer Lösung entfernt. «Moskau hat einer Stationierung von westlichen Soldaten in der Ukraine bereits eine Absage erteilt. Hier hat sich der Graben also eher wieder vertieft», erklärt Schmid.
Selenskyj zu Treffen mit Putin bereit – Kreml verzögert
Donald Trump stellte nach den Gesprächen in den USA ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj in Aussicht. Auch der ukrainische Präsident zeigte sich wie bereits in der Vergangenheit offen für diesen Vorschlag.
Schmid sagt: «Es ist ein geschickter Schachzug von Selenskyj, dass er immer seine Bereitschaft betont, Putin zu treffen. Das setzt Putin unter Zugzwang.»
Ob der Kreml einlenkt, ist jedoch fraglich. Von russischer Seite her wird die Legitimität Selenskyjs immer wieder angezweifelt.

Vom Kreml hiess es in der Nacht auf Dienstag: Trump und Putin hätten in einem Telefonat über weitere direkte Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gesprochen. Beide würden dies demnach unterstützen. Man habe auch über die Idee diskutiert, die Ebene der russischen und ukrainischen Delegationen zu erhöhen.
Was das genau heisst, bleibt unklar. Von einem Treffen zwischen Putin und Selenskyj ist aber nicht die Rede.
Schmids Prognose: «Ein Treffen von Putin und Selenskyj ist angesichts der aktuellen Lage eher unwahrscheinlich. Putin wird wahrscheinlich versuchen, sich durch das Stellen weiterer Bedingungen einem solchen Gipfel zu entziehen.»