Wegen einer umstrittenen Justizreform in Polen zieht die Kommission der EU vor den EuGH. Die polnische Regierung würde gegen EU-Recht verstossen.
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Eine Flagge der Europäischen Union. - Pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die polnische Justizreform verstosse gegen geltendes EU-Recht.
  • Deshalb will die EU-Kommission vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.

Die EU-Kommission hat Polen wegen der umstrittenen Zwangspensionierung von Richtern vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt. Die von der polnischen Regierung betriebene Reform des Obersten Gerichts verstosse gegen EU-Recht, erklärte die Kommission am Montag in Brüssel. Der EuGH könnte empfindliche Geldbussen gegen Warschau verhängen, wenn er der Kommission Recht geben sollte.

Mit der Klage erhöht die EU-Kommission den Druck auf das Mitgliedsland Polen, mit dem es wegen einer ganzen Reihe umstrittener Gesetze zum Umbau der Justiz im Streit liegt. Die nun eingereichte Klage bezieht sich auf ein im Juli in Kraft getretenes Gesetz, mit dem das Pensionsalter für Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre gesenkt wurde. Damit können 27 der 72 Richter zwangsweise in den Ruhestand geschickt werden.

Trotz Brüssel-Protesten durchgesetzt

Kritiker sehen in den Zwangspensionierungen einen weiteren Versuch der rechtsnationalistischen Regierungspartei PiS von Ex-Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski, die polnische Justiz auf Linie zu bringen. Die Regierung hatte die Regelung trotz der Proteste aus Brüssel durchgesetzt und im August sogar eine Beschleunigung der Neubesetzungen am Obersten Gericht angekündigt.

Die EU-Kommission hatte Polen im August eine letzte Frist von einem Monat gesetzt, um ihre rechtlichen Bedenken auszuräumen und das Gesetz zu ändern. Nachdem dies nicht geschehen ist, wandte sie sich nun an den EuGH.

Das polnische Gesetz über das Oberste Gericht verstosse «gegen den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit» und untergrabe zudem die «Unabsetzbarkeit von Richtern», erklärte die EU-Kommission. Sie forderte das Gericht in Luxemburg auf, bis zu einem Urteil «einstweilige Anordnungen» gegen Polen zu erlassen.

Beschleunigtes Verfahren beantragt

Damit solle am polnischen Obersten Gericht die Lage wiederhergestellt wird, die vor dem Erlass der umstrittenen neuen Gesetze am 3. April bestanden habe. Die EU-Kommission hat beim EuGH zudem ein beschleunigtes Verfahren beantragt, um so bald wie möglich eine rechtskräftige Entscheidung zu erwirken.

Die Klage beim EuGH ist die nächste Stufe im Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen. Parallel dazu läuft gegen Warschau wegen der umstrittenen Justizreformen ein Verfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag, das zumindest theoretisch bis zum Entzug von Stimmrechten auf EU-Ebene führen kann.

Das Votum darüber muss unter den Mitgliedstaaten allerdings einstimmig fallen. Das ebenfalls rechtskonservativ regierte Ungarn hat bereits angekündigt, Strafmassnahmen gegen Warschau nicht mitzutragen.

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