Die Erdbeben in der Türkei und Syrien haben Tausende Menschenleben gekostet. Auf Telegram glaubt man nicht an eine Naturkatastrophe, sondern an einen Angriff.
Erdbeben
Ein bei den Erdbeben zerstörtes Gebäude in der Türkei. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Anfang Woche ist es in der türkisch-syrischen Grenzregion zu schweren Erdbeben gekommen.
  • Schon kurz darauf wurden auf Telegram und Co. erste Verschwörungen dazu geteilt.
  • Unter anderem pro-russische Propagandarohre sprechen von einem Angriff.
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Die Zerstörung nach den Erdbeben in der Türkei und Syrien ist gross: Es werden bis zu 100'000 Tote befürchtet, zahlreiche Häuser sind eingestürzt. Doch noch bevor alle Opfer aus den Trümmern geborgen werden, ranken sich erste Verschwörungstheorien um die Naturkatastrophe.

Ein Telegram-Nutzer schreibt: «Auf der Krim gab es heute leichte Erdbeben, meine Bekannten in Sevastopol haben sie gespürt. Naturgewalt oder neue Art der Kriegsführung?»

Zudem behauptet er, ein türkischer Politiker habe ein «US-Forschungsschiff beschuldigt, künstliche Erdbeben» verursacht zu haben.

«Denkfehler»

Der Beweis dafür, dass die Erdbeben ein Angriff waren? Laut den Usern die Spannungen zwischen dem Westen und der Türkei.

«Offensichtlich Quatsch», sagt Verschwörungstheorie-Experte Marko Kovic.

Er erklärt auf Twitter: «Politische Spannungen zwischen der Türkei und den USA oder der EU gab es schon Jahre vor den Erdbeben. Nur auf die unmittelbare Situation kurz vor den Erdbeben zu fokussieren, ist ein statistischer Denkfehler.»

Erdbeben
Die Zerstörung nach den heftigen Erdbeben in der Türkei ist gross.
Erdbeben
Es werden bis zu 100'000 Tote erwartet, zahlreiche Häuser sind eingestürzt.
Erdbeben
Noch bevor alle Opfer aus den Trümmern geborgen werden, ranken sich erste Verschwörungstheorien um die Naturkatastrophe.
Telegram
So behaupten Nutzer auf Telegram, die Erdbeben seien keine Naturkatastrophe, sondern in Wirklichkeit ein Angriff des Westens.
Erdogan
Als Grund dafür geben sie die Spannungen zwischen der Türkei und dem Westen an.
Marko Kovic
Zu sagen, die Türkei wurde deshalb angegriffen, «das ist offensichtlich Quatsch», sagt Verschwörungstheorie-Experte Marko Kovic.
Türkei
Politische Spannungen zwischen der Türkei und dem Westen gebe es schon seit Jahren. Abgebildet: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (links) und sein US-Amtskollege Joe Biden.

Zu Nau.ch sagt er: «Ein kohärentes Argument, warum der Westen die Türkei angegriffen haben soll, haben die Verschwörungstheoretiker nicht. Sie spekulieren bloss, dass etwas nicht stimme.»

Sie würden behaupten, dass es viele komische Zufälle gebe, dass die USA mit solchen Waffen experimentiere, und so weiter. Der Experte: «Es ist evidenzfreies, sinnentleertes Gefasel, das als kritisches Hinterfragen verpackt wird.»

Stecken Russen hinter Verschwörungen zu Erdbeben?

Viele Erdbeben-Verschwörungstheorien stammen aus dem pro-russischen Milieu. Aber: «Es gibt derzeit keine Anzeichen, dass Russland selber solche Verschwörungstheorien streut», sagt Kovic zu Nau.ch.

«Es handelt sich um diverse Verschwörungs-Persönlichkeiten in unterschiedlichen Ländern, die teilweise auch pro-russische Propaganda streuen.»

Haben Sie auch schon Verschwörungstheorien zu den Türkei-Erdbeben gesehen?

Kovic bezweifelt, dass alle Urheber ihre Theorien selbst glauben. Ein Teil der Verbreiter sehe zwar tatsächlich überall eine geheime Verschwörung.

«Figuren wie Alina Lipp oder Alex Jones hingegen wollen möglichst viel Aufmerksamkeit. Das ist ihre Währung: Sie wollen viele Menschen erreichen, Klicks generieren und dadurch letztlich Geld verdienen.» Ob sie selber wirklich an die Dinge, die sie erzählen, glauben, sei indes ungewiss.

Alina Lipp ist eine deutsch-russische Journalistin, die immer wieder mit Pro-Kreml-Propaganda auffällt. Bei Jones handelt es sich um einen US-amerikanischen Rechtsextremen.

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