Der Direktor des Jüdischen Museums Berlin (JMB), Peter Schäfer, ist am Freitag zurückgetreten.
Peter Schäfer vor dem Jüdischen Museum Berlin
Peter Schäfer vor dem Jüdischen Museum Berlin - dpa/dpa/picture-alliance/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Peter Schäfer zieht Konsequenz aus Debatte um politische Neutralität des Museums.

Schäfer habe Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) seinen Rücktritt angeboten, «um weiteren Schaden» von dem Museum abzuwenden, hiess es in einer Erklärung des Hauses. Schäfer stand seit Wochen in der Kritik. Auslöser der jüngsten Kontroverse war ein Tweet des Museums.

Kulturstaatsministerin Grütters, die auch Vorsitzende des Stiftungsrats des Museums ist, nahm das Rücktrittsgesuch an. Konkret begründet wurde Schäfers Entscheidung in der Hausmitteilung nicht.

Dem scheidenden Museumsdirektor, der auch Professor für Judaistik ist, schlug allerdings in den vergangenen Wochen wachsende öffentliche Kritik wegen der politischen Ausrichtung des Museums entgegen, auch seitens des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Jüngster Aufreger war ein vor gut einer Woche von der Pressesprecherin des JMB abgesetzter Beitrag auf dem offiziellen Twitterkanal des Museums, auf dem sie unter dem Hashtag «#mustread» auf einen Artikel in der Berliner «taz» verwies. In dem Bericht ging es um die Kritik von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern an dem Beschluss des Bundestags, die Israel-Boykott-Bewegung «Boycott, Divestment, Sanctions» (BDS) als antisemitisch zu verurteilen.

In dem JMB-Tweet wurde ein Satz aus dem Artikel, der den Bundestagsbeschluss unmittelbar kritisierte, direkt zitiert - allerdings ohne diesen in Anführungszeichen zu setzen. Kritiker fassten den Tweet deshalb als Verstoss gegen das Neutralitätsgebot des von der öffentlichen Hand finanzierten Museums auf.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, brach wegen des Tweets den Kontakt zum JMB ab. «Das Vertrauen der jüdischen Gemeinde hat die Leitung des Hauses verspielt», twitterte Schuster. Auch Schäfer selbst hatte am Mittwoch im Interview mit «Spiegel Online» sein «Befremden, ja Entsetzen» über den Tweet geäussert. Nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» wurde die für den Tweet verantwortliche Pressesprecherin inzwischen freigestellt. Gegenüber der Zeitung sprachen Museumsmitarbeiter von einem «Bauernoper»

Schon früher war Schäfer wegen des Vorwurfs, antiisraelischen Positionen in die Hände zu spielen, in die Kritik geraten. Im März hatte er den iranischen Kulturattaché im Jüdischen Museum empfangen. Im Interview mit «Spiegel Online» bezeichnete Schäfer dieses Treffen später als «Dummheit». Er sei damals «ein wenig naiv» gewesen, sagte er mit Blick auf politische Äusserungen seines Gastes.

Mit der Sonderausstellung «Welcome to Jerusalem» hatte Schäfer im vergangenen Jahr gar den Ärger von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf sich gezogen, der die Ausstellung als antiisraelisch empfand. Laut «Süddeutscher Zeitung» reagierte die Bundesregierung damals nicht auf die Forderung Netanjahus, dem Museum die Förderung zu entziehen.

Mit dem sofortigen Rücktritt Schäfers übernimmt der bisherige Geschäftsführende Direktor des JMB, Martin Michaelis, die operative Leitung des Museums.

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