Das Pharmaunternehmen Demecan baut Cannabis zu medizinischen Zwecken an - und hofft auf die Politik der Ampel-Regierung. Als erste deutsche Firma liefert sie nun Pflanzen an die Cannabisagentur aus.
Geschäftsführer Constantin von der Groeben (l-r), Cornelius Maurer und Adrian Fischer stehen vor dem Demecan-Firmengelände.
Geschäftsführer Constantin von der Groeben (l-r), Cornelius Maurer und Adrian Fischer stehen vor dem Demecan-Firmengelände. - Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer sich anschauen möchte, wie mitten in Sachsen legales Cannabis hergestellt wird, muss Geduld mitbringen.

Die Produktionshallen der Firma Demecan in Ebersbach ähneln einem Labyrinth aus langen, videoüberwachten Hallen.

Immer wieder kommen Schleusen, in denen Besucher ihre Hände desinfizieren, Schuhe und den Mundschutz wechseln müssen. «Wir müssen die Sicherheitsvorkehrungen einhalten, weil wir mit Betäubungsmitteln umgehen und Arzneimittel herstellen», sagt Co-Gründer Constantin von der Groeben. Der Aufwand hat sich aus seiner Sicht gelohnt - nach dem Richtfest im vergangenen Juli hat das Unternehmen nun zum ersten Mal medizinisches Cannabis ausgeliefert.

Drei Hersteller bauen an

Seit 2017 können sich Patientinnen und Patienten Cannabis für medizinische Zwecke regulär vom Arzt verschreiben lassen. Es dient etwa der Schmerzlinderung bei Schwerkranken. Seitdem boomt das Mittel. Laut Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wurden allein im vergangenen Jahr 20,6 Tonnen Cannabis-Blüten und -Extrakte importiert.

Nur drei Hersteller bauen im Auftrag des Staates Cannabis in Deutschland an. Sie haben 2019 eine entsprechende Ausschreibung des BfArM gewonnen. Das Unternehmen Aurora hat seine Produktionsstätte kurz hinter der sächsischen Grenze in Leuna (Sachsen-Anhalt). Mit Tilray, das bereits Cannabis ausgeliefert hat, befindet sich das dritte Unternehmen in Neumünster (Schleswig-Holstein). Beide sind in kanadischer Hand - Demecan sticht als deutsches Start-up heraus.

Die Gründer erzählen, dass sie monatelang im WG-Zimmer in Berlin gesessen und an ihrem Angebot gefeilt hätten. Auf der Suche nach einem perfekten Standort seien sie auf das ehemalige Schlachthofgelände im Landkreis Meissen gestossen. Die Nähe zu Dresden sei ein Vorteil. Und: Sollte der Bedarf an deutschem Cannabis steigen, könnten die Gründer ihre Produktionskapazität kurzfristig auf über 10 Tonnen Cannabisblüten pro Jahr erweitern.

Zehn Tonnen über vier Jahre

Derzeit soll Demecan knapp 1000 Kilogramm pro Jahr produzieren. Insgesamt sieht die Ausschreibung vor, dass die drei Unternehmen in Deutschland über vier Jahre verteilt gut zehn Tonnen herstellen. Wie viel die eigens gegründete und am BfArM angesiedelte Cannabisagentur für die Blüten zahlt, verrät sie nicht. Nur so viel: 4,30 Euro müssten Apotheken pro Gramm an die Agentur zahlen, die als Mittlerin zwischen den Unternehmen und den Apotheken fungiert.

Für die Herstellung in Ebersbach haben die Gründer laut eigenen Angaben 20 Millionen Euro investiert - 30 Prozent davon kamen aus Fördertöpfen, den Rest haben Investoren beigesteuert. Neben dem Ausbau der lange ungenutzten Hallen war vor allem die Technik kostspielig. In jeder einzelnen der Anbauhallen sammelt das Unternehmen akribisch Daten. Ob Temperatur oder CO2-Gehalt: Nichts wird dem Zufall überlassen.

«Unser Ziel ist, den Patientinnen und Patienten bei jeder einzelnen Pflanze dieselbe Qualität zu liefern», sagt Co-Gründer Adrian Fischer. Jede Blüte müsse denselben Gehalt der Substanz THC enthalten, damit Patienten nicht versehentlich zu viel oder zu wenig einnähmen. «Die gleichbleibende Qualität lässt sich am besten im Indoor-Anbau gewährleisten. Das war auch eine der Vorgaben bei der Ausschreibung.» Damit sind die Anforderungen an die Unternehmen deutlich strenger als andernorts. An seinem Standort in Dänemark stellt das Unternehmen Aurora Cannabis in Gewächshäusern her.

Satter Grünton ist wichtig

Um den Pflanzen möglichst gute Bedingungen fürs Wachstum zu bieten, simuliert Demecan in den Hallen durch verschiedenes Licht die Jahreszeiten. Co-Gründer Cornelius Maurer läuft mit einem Tablet durch die Reihen, das mit einem speziellen Weissfilter ausgestattet ist. «Nur so lässt sich richtig erkennen, ob die Pflanzen einen satten Grünton haben und gesund aussehen», sagt er.

Nach dem Produktionsstart im vergangenen Oktober haben die Gründer inzwischen mehrere Pflanzen-Jahrgänge produziert und sind mit der Qualität zufrieden. Neben den Prüfungen im eigenen Labor gibt es weitere externe Kontrollen durch die Behörden. «Wir versuchen immer weiter, die Pflanzen zu verbessern», sagt Fischer.

Hoffnung macht den Gründern die geplante Legalisierung von Cannabis. Laut Koalitionsvertrag wollen die Ampel-Parteien eine «kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften» einführen. Dadurch würde «die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet», heisst es. Laut einer Studie des Deutschen Hanfverbands könnte der Staat allein durch die Cannabissteuer jährlich 1,8 Milliarden Euro einnehmen.

Auch die Unternehmen hoffen auf ein grosses Geschäft. Sollte die Ampel die kontrollierte Abgabe von Cannabis erlauben, könne Demecan für den breiten Markt beste Qualität liefern, sagt Fischer - und weiter expandieren.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

RegierungStartupStudieDatenStaatArztEuroCannabis