Chefredakteur von Ungarns grösstem Internet-Portal entlassen
Auf Druck der Eigentümer ist der Chefredakteur des grössten unabhängigen Nachrichtenportals in Ungarn entlassen worden.

Das Wichtigste in Kürze
- Ungarns grösstes Internet-Portal verliert seinen Chefredakteur.
- Dieser muss auf Druck der rechtsnationalen Eigentümer das Unternehmen verlassen.
- Die Unabhängigkeit des Portals war Präsident Viktor Orban ein Dorn im Auge.
Auf Druck der Eigentümer ist der Chefredakteur des grössten unabhängigen Nachrichtenportals in Ungarn entlassen worden. Die Eigentümer stammen grösstenteils aus dem Umkreis der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz.
Chefredakteur Szabolcs Dull habe durch sein Agieren die Marktposition des Portals «index.hu» beeinträchtigt, erklärte Laszlo Bodolai, der Präsident der Stiftung, die als formelle Eigentümerin der Webseite fungiert.
Eigentümer verlangte regierungsfreundlichere Berichterstattung
«index.hu» vermochte sich bis vor kurzem trotz des schwierigen Eigentümerumfelds die Unabhängigkeit zu bewahren. Damit erregte es das Missfallen von Ministerpräsident Viktor Orban. Dieser hat in den vergangenen Jahren die meisten Medien des Landes unter seine Kontrolle gebracht.
Das Betreiberunternehmen des Portals war vor drei Jahren in den Besitz Fidesz-naher Unternehmer gelangt. Die dazwischengeschaltete Stiftung garantierte vorerst seine Unabhängigkeit. In der Zwischenzeit wurde aber das Anzeigengeschäft ausgegliedert und der direkten Kontrolle der eigentlichen Eigentümer unterstellt.

Vor einem Monat verlangte der Eigentümer durch eine Umstrukturierung der Redaktion auf eine regierungsfreundlichere Berichterstattung umzuschwenken. Dull verliess damals im Protest die Geschäftsführung, blieb aber Chefredakteur. Die Redaktion stufte sich auf einer selbst geschaffenen Skala auf die Mittelstufe «gefährdet» herunter. Die Skala reicht dabei von «unabhängig» bis «nicht unabhängig».
Die Entlassung Dulls sahen Beobachter als mögliche Vorstufe zu einer direkten Übernahme des Portals durch regierungsnahe Kreise. Angebliche «Marktverluste» waren immer wieder vorgeschoben worden, wenn Unternehmer Übernahmen von bis dahin unabhängigen Medien durchzogen.