Fabrice Leggeri, der Chef von Frontex, bietet seinen Rücktritt an. Dies als Reaktion auf schwere Vorwürfe bezüglich illegaler Zurückweisungen von Migranten.
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Chef von Frontex, Fabrice Leggeri, bot an zurückzutreten. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Fabrice Leggeri, Frontex-Chef, stellt seine Position zur Verfügung.
  • Er reagiert damit auf schwere Vorwürfe.
  • Unter seiner Leitung wurden illegale Zurückweisungen von Migranten vertuscht.

Der Chef der europäischen Grenzschutzagentur Frontex hat nach schweren Vorwürfen gegen ihn und Mitarbeiter seinen Posten zur Verfügung gestellt. Als Hintergrund der Entscheidung des Franzosen Fabrice Leggeri gelten insbesondere Ermittlungen zur illegalen Zurückweisungen von Migranten im Mittelmeer.

Ihnen zufolge sollen Führungskräfte der in Warschau ansässigen Agentur Frontex absichtlich vertuscht haben, dass griechische Grenzschützer Flüchtlinge zurück aufs offene Mittelmeer brachten. Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den Aussengrenzen - sogenannte Pushbacks - sind nach internationalem Recht illegal.

Bestätigt wurde das Rücktritttsangebot Leggeris am Freitag von einem Sprecher des deutschen Innenministeriums in Berlin. Der Schritt des 54-Jährigen gebe die Möglichkeit für einen Neuanfang bei Frontex sowie dazu, Vorwürfe restlos aufzuklären und sicherzustellen, dass alle Einsätze der Agentur im vollen Einklang mit dem europäischen Recht erfolgten, sagte er.

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Fabrice Leggeri besucht ein Schiff von Frontex vor der Spanischen Küste. - Keystone

Der Verwaltungsrat von Frontex beschäftigte sich am Freitag in einer Sondersitzung mit dem Rücktrittsangebot Leggeris. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte in Brüssel, das Ergebnis der Beratungen solle im Laufe des Nachmittags bekannt gegeben werden. Es galt als sicher, dass das Rücktrittsgesuch des Franzosen angenommen wird.

Frontex sorgt für Kritik statt Fortschritt

Frontex war 2004 von der EU gegründet und nach der 2015 begonnenen Flüchtlingskrise zur Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache ausgebaut worden. Der eigentliche Grenzschutz fällt zwar weiterhin unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die Agentur soll aber für ein gemeinsames Management der Aussengrenzen sorgen und nationale Grenzschutzeinheiten bei Bedarf effektiv unterstützen.

Statt sichtbarer Fortschritte gab es zuletzt allerdings vor allem Kritik an der Arbeit von Frontex-Einheiten. Dabei geht es insbesondere um mögliche illegale Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den EU-Aussengrenzen. So haben griechische Grenzschützer Medienberichten zufolge mehrfach Boote mit Migranten illegal zurück in Richtung Türkei getrieben. Frontex-Beamte sollen dabei teils in der Nähe gewesen sein und dies nicht verhindert haben. Mehrere EU-Stellen beschäftigten sich zuletzt mit den Vorwürfen.

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Die Schweiz arbeitet seit 2011 mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex zusammen. (Symbolbild) - dpa

Der 2015 ins Amt gekommene Leggeri wies Kritik am Vorgehen von Frontex immer wieder zurück. Im vergangenen Jahr sagte er der «Welt» zu dem Thema: «Was Griechenland angeht, so würde ich nicht einfach so von »Pushbacks« sprechen.» Es gebe Situationen im Meer zwischen der Türkei und Griechenland, die keine Seenot-Situationen seien, da die Boote nicht ausser Kontrolle geraten seien. «Sie versuchen, sich den Grenzkontrollen zu entziehen und werden mutmasslich zum Zweck krimineller Aktivitäten benutzt», sagte der Franzose. Dann gelte der Rechtsrahmen des Abfangens von Booten.

Druck auf Leggeri übten zuletzt vor allem Ermittlungen der EU-Anti-Betrugsbehörde Olaf aus, die nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zu dem Ergebnis kamen, dass die illegale Zurückweisungen von Migranten im Mittelmeer von mehreren Führungskräften vorsätzlich verschleiert wurde. Nach einem Bericht des «Spiegel» wurden bei den Ermittlungen 20 Zeugen befragt und unter anderem das Büro von Frontex-Chef Fabrice Leggeri durchsucht.

Aija Kalnaja übernimmt Posten übergangsweise

Übergangsweise soll nach Frontex-Angaben nun Aija Kalnaja die Amtsgeschäfte von Leggeri übernehmen. Sie war vor ihrem Engagement bei der EU-Grenzschutzagentur unter anderem Vizechefin der Polizei in Lettland. Gegen zwei Frontex-Mitarbeiter, die von Olaf-Ermittlungen belastet werden und die noch nicht zurückgetreten sind, sollen weitere Schritte eingeleitet werden.

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