Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) hat bei einem Besuch in Israel die Kritik an den Annexionsplänen der neuen israelischen Regierung bekräftigt.
Heiko Maas
Heiko Maas - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Aussenminister äussert «ernsthafte Sorgen» und ruft zu Friedensverhandlungen auf.

Er habe die «ehrlichen und ernsthaften Sorgen» der Bundesregierung und der EU angesichts der möglichen Folgen eines solchen Schrittes dargelegt, sagte Maas am Mittwoch in Jerusalem. Er lehnte es ab, über mögliche Sanktionen im Falle einer israelischen Annexion palästinensischer Gebiete zu sprechen und rief zu neuen Friedensverhandlungen auf.

Maas betonte nach einem Treffen mit seinem israelischen Kollegen Gabi Aschkenasi, dass die Bundesregierung «nach wie vor die verhandelte Zwei-Staaten-Lösung für den richtigen Weg» halte. Die angekündigten Annexionen machten «diese Lösung nicht unbedingt wahrscheinlicher».

Die Bundesregierung sei wie die EU der Ansicht, «dass eine Annexion nicht mit internationalem Recht vereinbar wäre», sagte Maas. Deutschland werde sich weiter für Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Zwei-Staaten-Lösung einsetzen. Um diesem Ziel näherzukommen, seien «kreative Impulse für die Wiederbelebung der Gespräche» nötig, sagte Maas. «Jetzt ist die Zeit der Diplomatie und des Dialoges.»

Nach dem Treffen mit Aschkenasi sprach Maas mit Regierungschef Benjamin Netanjahu und dessen Stellvertreter Benny Gantz. Netanjahu teilte im Anschluss mit, jeder «realistische Plan» für den Friedensprozess müsse «die Realität israelischer Siedlungen» anerkennen. Aschkenasi bezeichnete den US-Nahostplan als «wichtigen Meilenstein für die Region» und «bedeutende Chance».

Die neue israelische Einheitsregierung will ab dem 1. Juli ihre weitere Strategie zu den Annexionsplänen vorstellen, die Teil des umstrittenen Nahostplans von US-Präsident Donald Trump sind und auch das strategisch wichtige Jordantal umfassen. Am gleichen Tag übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft.

Während die USA die geplanten Gebietsanschlüsse bereits gebilligt haben, sehen weite Teile der internationalen Gemeinschaft darin einen Verstoss gegen das Völkerrecht und haben Israel davor gewarnt. Einige EU-Mitgliedstaaten dringen auf eine Drohung mit Sanktionen oder zumindest auf eine scharfe Verurteilung der israelischen Pläne.

Maas griff diese Forderungen bei seinem Israel-Besuch nicht auf. «Ich halte überhaupt nichts davon, in Zeiten, in denen Entscheidungen überhaupt noch nicht getroffen worden sind, mit Drohungen Politik zu machen», sagte der SPD-Politiker. Er setze auf die Gesprächsbereitschaft Israels und der anderen Beteiligten, um zu einer politischen Lösung des Konflikts zu kommen, «mit der auch alle Beteiligten leben können».

Maas und Aschkenasi unterzeichneten auch eine Vereinbarung zur weiteren deutschen Förderung der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Die Bundesregierung will die Arbeit der Gedenkstätte demnach bis 2031 weiterhin mit jährlich einer Million Euro unterstützen. Für den «Shoa Heritage Campus» stellt Deutschland drei Millionen Euro bereit.

Im Anschluss reiste Maas weiter nach Amman, um seinen jordanischen Kollegen Aiman Safadi zu treffen. Dort kündigte er an, dass die Bundesregierung Jordanien im Kampf gegen die Corona-Pandemie mit 23.000 Test-Kits und 32 neuen Testgeräten unterstützen werde.

Per Videokonferenz sprachen die beiden Minister zudem mit palästinensischen Vertretern. Im Anschluss erklärte Maas, er habe an die palästinensische Führung appelliert, «konkrete Vorschläge» als Grundlage für mögliche Gespräche mit Israel vorzulegen. «Wir haben den Plan der Vereinigten Staaten auf dem Tisch liegen. Ich halte es für sinnvoll, dass auch von palästinensischer Seite konkrete Vorschläge gemacht werden, wie es weitergehen kann, um diesen Dialog beginnen zu können.»

Die Palästinenserführung hatte am Dienstag einen viereinhalb Seiten umfassenden Gegenvorschlag zum US-Nahostplan vorgelegt. Darin wird die Gründung eines «souveränen, unabhängigen, entmilitarisierten Palästinenserstaates» vorgeschlagen. Auch dem US-Plan zufolge sollen die Palästinenser zwar die Möglichkeit erhalten, einen eigenen Staat zu bekommen - allerdings ohne das strategisch und wirtschaftlich wichtige Jordantal im Westjordanland und ohne Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit warnte am Mittwoch, Israels Annexionspläne stellten eine «ernsthafte Eskalation» dar und bedrohten den Nahost-Friedensprozess.

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