Bischofsvertreter blockieren synodalen Beschluss zu gemeinsamem Sexualethiktext
Die überraschende Ablehnung eines lange vorbereiteten Grundlagentexts zur Reform kirchlicher Sexualethik durch Teile der deutschen Bischofskonferenz hat den mit grosser Hoffnung verbundenen synodalen Weg in der katholischen Kirche in Deutschland an den Rand des Scheiterns gebracht.

Das Wichtigste in Kürze
- Abstimmungsverhalten bringt Reformprozess an den Rand des Scheiterns.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Bätzing, und die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, kritisieren am Freitag insbesondere das Abstimmungsverhalten der blockierenden Bischöfe scharf.
Die Frage nach einem möglichen Scheitern des synodalen Wegs stehe «im Raum», sagte Stetter-Karp. Aus ihrer Sicht komme dem Verhalten der Bischöfe bei den noch anstehenden Abstimmungen über weitere wichtige Texte nun entscheidende Bedeutung zu. Sollte sich das «Muster» wiederholen, dass es in den Reihen der Bischöfe «heimliche Blockierer» gebe, müsse das ZdK die Lage künftig neu bewerten. «Wir werden sehen - wenn es so weitergeht, sind wir an dem Punkt, aber noch nicht», sagte Stetter-Karp mit Blick auf ein mögliches Scheitern.
Bätzing sprach am Freitag von einer durch das Abstimmungsverhalten einiger Bischöfe zu einem «sehr guten Text» entstandenen «Krise». Es gebe unter den deutschen Bischöfen solche, die ihre ablehnende Haltung offen artikuliert hätten. Diese seien nicht das Problem, betonte er vor Journalisten. «Die, die es nicht tun, sind das Problem.» Auch er selbst sei aufgrund vorheriger Äusserungen und Stimmungsbilder von einer Zustimmung zu dem Text ausgegangen.
Bätzing, der zum Reformerlager gehört, erinnerte die deutschen Bischöfe an ihre «Verantwortung» und warb für eine Fortsetzung des synodalen Wegs. Mit Blick auf den durch die Ereignisse zu Tage getretenen tiefe Spaltung im Bischofslager reagierte er kämpferisch. «Ich überlasse das Feld nicht denen, die sich nicht bewegen wollen», antwortete Bätzing auf eine Rücktrittsfrage.
Der ursprünglich als eine Reaktion auf kirchliche Missbrauchsskandale ins Leben gerufene synodale Weg strebt grundlegende Reformen der katholischen Kirche an, unter anderem mit Blick auf das Priesteramt und die Mitwirkung von Laien. Vertreter des Klerus und von katholischen Laienorganisationen arbeiten in dem Diskussionsformat gemeinsam an der Entwicklung eines neuen theologischen Verständnisses, das Reformen in der Kirche vorantreiben soll. Die Bischofskonferenz und das ZdK sind die wesentlichen Träger des Prozesses.
Derzeit tagen die mehr als 200 Delegierten in Frankfurt am Main bei der vierten von fünf geplanten Synodalversammlungen. Am Donnerstag war ein Basistext zur Sexualethik, etwa mit Blick auf Homosexualität und Geschlechteridentität, von der Synodalversammlung zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen worden, zugleich aber an fehlenden Stimmen aus den Reihen der Bischöfe gescheitert. Von diesen müssen ebenfalls zwei Drittel zustimmen.
Nach Angaben Bätzings waren 54 bischöfliche Stimmen abstimmungsrelevant, von diesen stimmten 33 für den Text und 21 dagegen. Als problematisch wurde dabei insbesondere angesehen, dass der Text zuvor über lange Zeit in gemeinsamer Gremienarbeit bis zur vermeintlichen Konsensreife entwickelt worden war. Stetter-Karp warf blockierenden Bischöfen vor, im Vorfeld teils nicht offen zu agieren, um dann «in Abstimmungen auf rote Knöpfe» zu drücken.
Die Synodalversammlung soll bis Samstag dauern. Bereits für Freitagnachmittag war die Abstimmung über einen weiteren Grundlagentext geplant, in dem es um die Übernahme von Ämtern durch Frauen innerhalb der Kirche geht. Bei diesen Texten handelt es sich um ausführliche theologische-pastorale Dokumente, in denen für Veränderungen kirchlicher Herangehensweisen argumentiert wird.
Der synodale Weg gilt angesichts eines dramatischen Mitgliederschwunds und einer tiefen Vertrauenskrise in die Institution Kirche für Befürworter als wichtige Säule einer Strategie der inneren Erneuerung unter Einbindung der Gläubigen. Er ist aber innerhalb der Kirche umstritten. Auch der Vatikan wies die deutschen Bestrebungen nach Veränderungen in diesem Zusammenhang zuletzt deutlich in Schranken. Im Juli warnte Rom vor einer Bedrohung der Einheit der weltweiten Kirche. Auch Papst Franziskus äusserte sich kritisch.