Bericht prangert erneut massive Missstände in englischen Entbindungsstationen an
Ein Untersuchungsbericht hat erneut massive Missstände in englischen Entbindungsstationen aufgedeckt.

Das Wichtigste in Kürze
- 45 von 65 Todesfällen bei Säuglingen wären laut Experte vermeidbar gewesen.
Von den insgesamt 65 untersuchten Todesfällen bei Babys auf Entbindungsstationen im Südosten Englands seien 45 bei besserer Behandlung vermeidbar gewesen, heisst es in dem Bericht, den der britische Mediziner Bill Kirkup am Mittwoch vorlegte. In der East-Kent-Krankenhausgruppe des nationalen Gesundheitsdienstes NHS stellte er «Mängel bei der Professionalität und beim Mitgefühl» des Personals fest.
Kirkup sprach von «schockierenden» Ergebnissen. Den betroffenen Müttern sei nicht zugehört worden. Sie «wurden missachtet, und das führte direkt zu Leid» wie dem Tod von Säuglingen, kritisierte der Mediziner. Für den Bericht untersuchte er 202 Fälle von Neugeborenen, die zwischen 2009 und 2020 in zwei grossen Entbindungsstationen im Osten der Grafschaft Kent zur Welt gekommen waren.
Kirkup hatte vor sieben Jahren bereits einen Bericht zu ähnlichen Missständen in einer anderen NHS-Krankenhausgruppe veröffentlicht. In East Kent habe er nun erneut festgestellt, dass nicht aus Fehlern gelernt worden sei, schrieb er.
Innerhalb von zehn Jahren habe es mindestens acht Fälle gegeben, die als «nicht zu ignorierende Signale» für «ernsthafte Probleme» hätten wahrgenommen werden müssen, hob Kirkup hervor. «Sie hätten es in Ordnung bringen können. Der erste Hinweis kam 2010, aber sie haben es nicht getan.»
Ähnliche Missstände im Westen Englands waren im März in einem Bericht der Gesundheitsexpertin Donna Ockenden aufgedeckt worden. Demnach starben dort binnen 20 Jahren mehr als 200 Säuglinge, weil sie nicht angemessen behandelt wurden oder ihren Müttern ein Kaiserschnitt verwehrt wurde. Der damalige Gesundheitsminister Sajid Javid hatte sich daraufhin im Parlament bei den Angehörigen für die massiven Missstände entschuldigt.