Das Bundesinnenministerium hat laut eigenen Angaben nach anhaltendem Druck einen direkten Kontakt zur Konzernspitze des umstrittenen Messengerdienstes Telegram herstellen können.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Plattform wegen Beliebtheit bei Corona-Leugnern in der Kritik.

Ein Ministeriumssprecher sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Freitagsausgaben), dass am Mittwoch «ein konstruktives Gespräch mit Vertretern aus der Konzernspitze von Telegram per Videokonferenz» stattgefunden habe.

Das Gespräch habe demnach Staatssekretär Markus Richter aus dem Bundesinnenministerium mit weiteren Vertretern des Bundesinnen- und des Bundesjustizministeriums geführt. Dabei habe die Spitze von Telegram ihre grösstmögliche Kooperationsbereitschaft mit den deutschen Behörden erklärt. Für den künftigen direkten Austausch sei von Telegram ein hochrangiger Ansprechpartner benannt worden. Der Kontakt sei demnach über eine von der Suchmaschine Google vermittelte Emailadresse zustande gekommen.

Der Ministeriumssprecher sagte dem RND: «Das Bundesinnenministerium wertet diesen hergestellten Kontakt als grossen Erfolg und wird den weiteren Austausch mit Telegram fördern und intensivieren.»

Telegram gilt als Hauptmedium für die Koordination der Proteste gegen Corona-Massnahmen und steht wegen der Verbreitung von Morddrohungen gegen Politiker sowie Falschmeldungen in der Kritik. Die Sicherheitsbehörden hatten sich lange um einen Kontakt zu den Menschen hinter der Plattform bemüht, die sich nicht an Aufforderungen zum Löschen von Hassbotschaften und illegalen Inhalten hielten. Einige Politiker hatten deshalb mit der Blockierung des Dienstes in Deutschland gedroht, falls sich Telegram nicht an hiesige Gesetze halte.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) drohte den Plattformbetreibern in der «Rheinischen Post» und dem «General-Anzeiger» (Freitagsausgaben) unterdessen mit der Vollstreckung von Vermögen und strafrechtlicher Verfolgung auch ausserhalb der EU. «Die Rechtslage ist eindeutig», sagte er den Zeitungen. «Wir werden beispielsweise prüfen, ob und wo Telegram Vermögen hat, in das wir im Falle eines rechtskräftigen Bussgeldbescheides vollstrecken können.»

Telegram sei mehr als ein Messengerdienst. Es biete die öffentlichen Funktionen eines sozialen Netzwerkes und müsse sich an das dafür gültige deutsche Recht halten. «Dazu gehört unter anderem, einen Ansprechpartner für deutsche Behörden zu benennen, wenn auf Telegram zu Straftaten aufgerufen wird, indem zum Beispiel sogenannte Feindeslisten veröffentlicht werden.» Telegram komme dieser Verpflichtung nicht nach.

Gegenwärtig würden zwei Bussgeldverfahren gegen Telegram geführt, betonte Buschmann. Es sei allerdings nicht gelungen, die dazu fälligen Bescheide für eine Anhörung dem Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten auch erfolgreich zuzustellen. «Als nächstes werden wir deshalb den Weg der öffentlichen Zustellung gehen, indem wir eine Benachrichtigung im Bundesanzeiger veröffentlichen. Wir werden also nicht lockerlassen.»

Die Herausforderung liege allerdings darin, deutsches oder europäisches Recht auch durchzusetzen, wenn ein Unternehmen wie Telegram seinen Sitz in Dubai und somit ausserhalb der EU habe. «Uns fehlen also keine Strafrechtsnormen oder Gesetze, aber es braucht eine gewisse Ausdauer, um an das Unternehmen heranzukommen», sagte Buschmann den Zeitungen und bekräftigte: «Die haben wir.»

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