Auftakt im grössten Lkw-Kartellverfahren

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Deutschland,

Tausende Spediteure sehen sich von den europäischen Lkw-Herstellern über den Tisch gezogen, weil diese jahrelang Preise abgesprochen hatten. Jetzt fordern sie Schadenersatz in Milliardenhöhe. Der grösste Prozess beginnt nun in München.

Ein LKW fährt auf der Bundesstrasse 87 zwischen Frankfurt (Oder) und Müllrose. Foto: Patrick Pleul/zb/dpa
Ein LKW fährt auf der Bundesstrasse 87 zwischen Frankfurt (Oder) und Müllrose. Foto: Patrick Pleul/zb/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der grösste Schadenersatzprozess gegen die führenden europäischen Lastwagenbauer beginnt vor dem Landgericht München: Mehr als 3200 meist mittelständische Spediteure fordern von den Lkw-Herstellern MAN, Daimler, DAF, Iveco und Volvo/Renault samt Zinsen 867 Millionen Euro zurück.

Denn diese fünf Hersteller hatten in einem Kartell 14 Jahre lang Preise abgesprochen - das haben sie gegenüber der EU-Kommission schon vor drei Jahren zugegeben und zusammen fast drei Milliarden Euro Bussgeld bezahlt.

Nach Überzeugung der Spediteure haben MAN und Co. ihnen rund 85.000 Lastwagen überteuert verkauft. Ein Gutachter der Kläger schätzt, dass das Kartell zu Preisaufschlägen von etwa 10 Prozent geführt habe. Die Lkw-Hersteller bestreiten das entschieden.

Der schwedische Lkw-Hersteller Scania, der wie MAN zum VW-Konzern gehört, gehört zwar nicht zu den Beklagten. Denn das Urteil des Europäische Gerichtshofs steht noch aus, ob auch Scania an dem Kartell teilnahm. Aber zu den Klägern in München gehören auch Käufer von Scania-Lastwagen, weil das Kartell zu überhöhten Preisen auf dem gesamten europäischen Lkw-Markt geführt habe.

Die gut 3200 Spediteure haben ihre Ansprüche auf Anraten des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) an den Prozessfinanzierer Financialright claims abgetreten. Financialright tritt in dem Prozess als alleiniger Kläger auf. Der BGL erklärte, die Spediteure sparten sich so Aufwand und Kosten und überliessen Financialright dafür bei Erfolg rund 30 Prozent der Entschädigungssumme. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung könnten wohl fünf Jahre vergehen, sagte ein Verbandssprecher.

Am Donnerstag wird es vor dem Landgericht aber zunächst darum gehen, ob Financialright überhaupt klagen darf. Die Lkw-Hersteller stellen das in Frage, denn Financialright wurde ja auf keinen Fall geschädigt.

Diese Frage ist auch für Zehntausende VW-Autofahrer interessant, die ihre Ansprüche im Dieselskandal an die Financialright-Schwesterfirma Myright abgetreten haben. Über die Zulässigkeit dieser Sammelklage hat ebenfalls noch kein Gericht entschieden. Der Bundesgerichtshof will Ende November sein Urteil im Fall eines teilweise vergleichbaren Mietrechts-Dienstleisters verkünden.

Beim Landgericht München liegen inzwischen rund 110 Schadenersatzklagen für insgesamt 180.000 Lastwagen - darunter die drei grössten Klagen. Die Deutsche Bahn klagt in München auch für die Bundeswehr und 40 Unternehmen auf eine halbe Milliarde Euro Schadenersatz. Financialright fordert in einer zweiten Klage eine ähnliche Summe für weitere 64.000 Lastwagen - und bereitet gerade eine dritte Klage für annähernd 50.000 Lkw vor.

Die Vorsitzende Richterin der Kartellkammer, Gesa Lutz, hatte vor einem Jahr erstmals über eine Klage von Lkw-Käufern verhandelt. In diesem Verfahren hat sie für den 22. November einen Verkündungstermin angesetzt - für sämtliche Kläger ein spannender Termin.

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