Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stösst mit seiner temporeichen Gesetzgebung auf Widerstand in der Ärzteschaft.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) - dpa/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Stein des Anstosses ist für die Ärzteschaft vor allem das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), mit dem eine Anhebung der Mindestzahl an wöchentlichen Sprechstunden für niedergelassene Ärzte von 20 auf 25 festgelegt wurde..
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Zum Auftakt des 122. Deutschen Ärztetags in Münster kritisierte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery am Dienstag zunehmende staatliche Eingriffe in die Therapiefreiheit zum Beispiel durch die Erhöhung der Sprechstundenzahl und geplante Impfungen durch Apotheker. Spahn wies die Vorwürfe zurück.

Stein des Anstosses ist für die Ärzteschaft vor allem das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), mit dem eine Anhebung der Mindestzahl an wöchentlichen Sprechstunden für niedergelassene Ärzte von 20 auf 25 festgelegt wurde. Das sei ebenso ein Angriff auf die ärztliche Tätigkeit wie die geplante Schaffung einer eigenen Psychotherapeutenausbildung, kritisierte der scheidende Ärztepräsident.

Damit solle die gesamte Psychotherapie «aus der Medizin herausgelöst werden und zu einem eigenen Beruf erhoben werden», sagte Montgomery laut Redetext. Er sprach von einem «Etikettenschwindel». Psychotherapie sei etwas zutiefst Ärztliches. Auch die von Spahn geplanten Grippeimpfungen in Apotheken stossen in der Ärzteschaft auf Ablehnung.

«Ja, wir Ärzte klagen über zu viel Arbeit, zu wenig Kollegen, dauernde zeitliche Überforderung, Burnout und mehr», sagte der Ärztepräsident. Die Antwort von Spahn sei aber eine Fülle von Gesetzentwürfen, mit denen am Rande ärztlicher Tätigkeit neue Berufe kreiert und zentrale Berufsinhalte auf andere verlagert würden. Damit betreibe der Minister eine «Deprofessionalisierung» des Arztberufs, warnte Montgomery.

Spahn verteidigte dagegen seine Gesetzesinitiativen. Mit keinem Gesetz werde die ärztliche Therapiefreiheit eingeschränkt, sagte er in Münster. Von den Ärzten werde mit dem TSVG mehr Leistung für schnellere Termine verlangt, sie würde dafür aber zusätzlich bezahlt.

Unterstützung kam aus der Ärzteschaft indes für andere Gesetzesinitiativen, etwa zur Neuordnung der Notfallversorgung, für eine verpflichtende Masernimpfung in Kindergärten und Schulen sowie zur Neuregelung der Organspende.

Der Deutsche Ärztetag unterstützt die sogenannte Widerspruchslösung, wonach jeder Bürger Organspender ist, solange er dem nicht ausdrücklich widerspricht. Montgomery forderte zugleich, in der parlamentarischen Debatte über künftige Modelle «parteipolitische Kleinlichkeiten zurückzustellen». Die Menschen würden durch «pseudoethische Debatten» nur verunsichert.

Etwa 250 Ärzte aus ganz Deutschland wollen noch bis Freitag unter anderem über die Arbeitsbelastung von Ärzten, Digitalisierung und vorgeburtliche genetische Bluttests diskutieren. Zudem wird ein neuer Ärztepräsident gewählt, Montgomery tritt nicht mehr an.

Martina Wenker, eine der Bewerberinnen für dessen Nachfolge, forderte bessere Arbeitsbedingungen in der ambulanten und stationären Versorgung. Viele Ärzte seien durch die Überlastung im Arbeitsalltag gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt. Notwendig seien Arbeitsschutzregelungen, die Erholung tatsächlich möglich machten, erklärte die BÄK-Vizepräsidentin.

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