Am Sonntag übernimmt Aserbaidschan Teile von Armenien. Die betroffenen Bewohner brennen ihre Häuser nieder.
Scharktar Berg Karabach Armenien
Ein Brennendes Haus in Scharektar. - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Armenien und Aserbaidschan haben sich auf einen erneuten Waffenstillstand geeinigt.
  • Durch das Abkommen verliert Armenien jedoch grosse Gebiete.
  • Nun brennen betroffene Armenier ihre eigenen Häuser ab.
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Zwischen Armenien und Aserbaidschan herrscht erneut ein Waffenstillstand. Armenische Bewohner haben sich am Samstag nun auf die Rückgabe umkämpfter Gebiete an Aserbaidschan vorbereitet.

In Scharektar in der Region Kalbadschar zündeten Bewohner ihre Häuser an. So verhindern sie, dass die Häuser dem «Feind» in die Hände fallen. Der Bezirk sollte gemäss dem Waffenstillstandsabkommen am Sonntag an Aserbaidschan übergeben werden.

In den Dörfern und der Regionalhauptstadt Kalbadschar packten Bewohner ihre Koffer für die Flucht. Gläubige besuchten ein letztes Mal ein berühmtes Berg-Kloster in der Region.

«Alle werden ihr Haus abbrennen»

«Heute ist der letzte Tag, morgen werden die aserbaidschanischen Soldaten da sein», sagte ein Soldat im Dorf Scharektar. Ein Hausbesitzer sagte, er werde sein Haus nicht den Aserbaidschanern überlassen. Er selbst setzte mit brennenden Holzscheiten den Fussboden seines Wohnzimmers in Brand.

Dadiwank Armenien soldaten
Armenische Soldaten zünden im Dadiwank-Kloster Kerzen an. - Keystone

«Alle werden heute ihr Haus abbrennen. Uns wurde eine Frist bis Mitternacht gesetzt, um zu gehen.» Schon am Freitag hatten in der Umgebung dutzende Häuser in Flammen gestanden.

Ein letzter Kloster-Besuch

Gläubige besuchten ein letztes Mal den Klosterkomplex von Dadiwank in einem Gebirgstal in Kalbadschar. Es ist eine der wichtigsten Stätten der Armenisch-Apostolischen Kirche. «Es ist sehr hart, sehr schmerzhaft – wir sind gekommen, um Abschied zu nehmen.» So sagte ein 40-jähriger Besucher mit Tränen in den Augen der Nachrichtenagentur AFP.

Kloster Armenien Dadiwank
Armenier besuchen das Dadiwank-Kloster aus dem 12. bis 13. Jahrhundert am Rande von Kalbadschar, Berg-Karabach. - dpa

«Ich kann nicht glauben, dass dies das letzte Mal ist, dass ich hier sein werde.» So sagte der 28-jährige Mjasnik Simonjan aus Wardenis in Nord-Armenien. «Dies ist das Land unserer Grossväter. Diese Steine sind 800 Jahre alt», sagte er, während er auf zwei kunstvoll verzierte armenische Kreuze deutete.

Der Priester Vater Howhannes sprach bitter über die bevorstehende Übergabe des Klosters an das mehrheitlich muslimische Aserbaidschan. Dieses habe «nicht die gleichen Werte wie wir». «Das Kloster gehört uns. Ich kann nicht gehen», sagte er.

Armenien verliert grosse Gebiete

Die verfeindeten Nachbarstaaten Armenien und Aserbaidschan hatten sich Anfang der Woche unter russischer Vermittlung auf einen Waffenstillstand in Berg-Karabach geeinigt. Den Verhandlungen waren sechs, von schweren Kämpfen geladene, Wochen vorausgegangen.

Berg-Karabach Armenien Russland Militär
Fahrzeuge des russischen Militärs fahren über eine Straße in Richtung der separatistischen Region Berg-Karabach. - dpa

Das Abkommen sieht vor, dass beide Kriegsparteien jene Gebiete behalten dürfen, in denen sie derzeit die Kontrolle haben. Für Armenien bedeutet das grosse Gebietsverluste. Bis Sonntag muss es die Kontrolle über den Bezirk Kalbadschar abgeben.

Folgen sollen dann noch die Bezirke Aghdam bis zum 20. November und Laschin bis zum 1. Dezember.

Über 4000 Todesopfer

Berg-Karabach hatte während des Zerfalls der Sowjetunion einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. Darauf folgte in den 90er Jahren ein Krieg mit 30'000 Todesopfern. Die selbsternannte Republik wird bis heute nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans, wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt. Die Kämpfe waren Ende September wieder voll entbrannt.

Bei den Kämpfen wurden mehr als 2300 armenische Soldaten getötet, wie das armenische Gesundheitsministerium am Samstag meldete. Aserbaidschan äusserte sich bisher nicht zur Zahl der auf seiner Seite getöteten Soldaten. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte vor wenigen Tagen von insgesamt mehr als 4000 Toten gesprochen.

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