Infolge der Corona-Pandemie kämpft China mit einer rekordhohen Arbeitslosigkeit. Insbesondere junge Menschen sind davon betroffen.
Chinesinnen auf einer Jobmesse in der Stadt Qingdao auf der Suche nach Jobs.
Chinesinnen auf einer Jobmesse in der Stadt Qingdao auf der Suche nach Jobs. - Wu Hong/EPA/dpa/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Als Folge der Corona-Pandemie ist die Arbeitslosigkeit in China so hoch wie noch nie.
  • Vor allem Junge sind betroffen: Jeder fünfte zwischen 16 und 24 Jahren ist ohne Job.

Die Arbeitslosigkeit in China ist so hoch wie nie. Zwar verspricht Xi Jinping auf dem Parteitag «allgemeinen Wohlstand», aber Lösungen für die Krise sind nicht in Sicht. Gerade junge Leute gehen leer aus.

Knapp jeder fünfte junge Mensch zwischen 16 und 24 Jahren ist in Chinas Städten arbeitslos – mehr als je zuvor. «Ich lebe zu Hause von der finanziellen Unterstützung meiner Familie», sagt die 23-jährige Yu. Seit ihrem Abschluss vor mehr als einem Jahr von der Universität in Changchun in Nordostchina findet sie keine Stelle.

«Wegen der Pandemie haben Unternehmen zu kämpfen», sagt die junge Frau aus Huludao (Provinz Liaoning). «Viele Leute verlieren ihren Job – ganz zu schweigen von all den Uni-Absolventen, die keine Arbeitserfahrung haben.»

Die Krise wird ignoriert

Die Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise werfen ein schlechtes Licht auf den laufenden, Kongress der Kommunistischen Partei in Peking. Doch obwohl Staats- und Parteichef Xi Jinping vor den 2300 Delegierten fast täglich sein Leitmotiv vom «allgemeinen Wohlstand» propagiert, ist von den Problemen draussen keine Rede.

Schlechte Nachrichten sind unerwünscht. Die Krise wird ignoriert. So wurde kurzfristig auch die Bekanntgabe der jüngsten Aussenhandels- und Wachstumszahlen verschoben.

Kongress China
Xi Jinping kommt zur Eröffnungszeremonie des 20. Kongresses der Kommunistischen Partei von China. - Mark Schiefelbein/AP/dpa

Neben den ständigen Lockdowns durch die strikte Null-Covid-Strategie leidet die zweitgrösste Volkswirtschaft unter der bisher schlimmsten Immobilienkrise. Zudem leidet sie unter schlechter heimischer Nachfrage und Überschuldung. Im zweiten Quartal erreichte das Wachstum nur 0,4 Prozent.

Die Regierung wird ihr Wachstumsziel von 5,5 Prozent in diesem Jahr weit verfehlen. Die Weltbank rechnet nur mit 2,8 Prozent. Das wäre nach dem ersten Pandemie-Jahr 2020 erst das zweite Mal seit vier Jahrzehnten, dass das Wachstum so niedrig ausfällt. China wächst zum ersten Mal seit 1990 langsamer als der Rest von Asien.

«Wir lernen alles, aber nichts»

Die 23-jährige Yu macht auch Chinas Universitätsausbildung für ihre schlechten Chancen verantwortlich. «Alles, was an der Universität unterrichtet wird, ist sehr oberflächlich», sagt die junge Frau, die Kunst und Zeichentrick gelernt hat. «Wir lernen alles, aber nichts. Verschiedenes, aber nichts konkret.»

Ohne passende Qualifikation sei es schwer, einen Job zu finden. «Ich habe das Gefühl, dass ich umsonst zur Hochschule gegangen bin.» Jetzt schult sie um, lernt traditionelle chinesische Medizin bei einem Arzt.

china arbeitsmarkt
Mehrere Angestellte einer Fabrik, wo Unterhaltungselektronik hergestellt wird. - Keystone

«Die Arbeitslosigkeit ist so hoch wie nie. Pleiten von Unternehmen, besonders kleine und mittelgrosse, sind weit verbreitet», sagt der frühere Politikdozent der renommierten Tsinghua-Universität, Wu Qiang. «Die Kommunen stehen unter enormem finanziellen Druck.»

Null-Covid und die Wirtschaftspolitik von Xi Jinping hätten die schwerste Krise seit Jahrzehnten ausgelöst. China habe mit den Reformen über drei Jahrzehnte Wohlstand angesammelt und eine Mittelklasse entwickelt. «Aber es fehlt ihnen an politischer Repräsentation und an Wegen, dass ihre Stimme gehört wird.»

Xi Jinping mit «miserabelsten Wirtschaft» konfrontiert

Auf dem Parteitag geht es darum, die Ideologie von Xi Jinping noch tiefer in der Verfassung zu verankern. Zudem soll seine Macht ausgebaut und für weitere fünf Jahre bestätigt werden. Xi Jinping sei in seiner dritten Amtszeit mit der «miserabelsten Wirtschaft» konfrontiert, die China seit Jahrzehnten gesehen habe. Dies sagt Jacob Gunter vom China-Institut Merics in Berlin.

Die Stimmung sei schlecht. Viele Chinesen sorgten für schlechte Zeiten vor. Indem gespart werde, leide der Konsum, obwohl die Regierung über stärkere heimische Nachfrage die Konjunktur ankurbeln wolle. «Es ist genau das Gegenteil von dem, was Xi Jinping für die Wirtschaft will.»

China Wirtschaft
Millionenstädte im Lockdown, Lieferketten unterbrochen, Betriebe stehen still: Die strengen Null-Covid-Massnahmen bringt Chinas Wirtschaft aus dem Gleichgewicht. - Keystone

Die meisten ihrer Kommilitonen suchten vergeblich nach Arbeit, erzählt Frau Yu. Auch jene, die einen Master oder Doktor gemacht hätten. Auch gebe es jetzt viele Chinesen, die wegen der Pandemie vom Studium im Ausland nach China zurückkehrten.

«Es gibt keinen Mangel an Leuten», sagt die 23-jährige. «Mehr Talente, grössere Wahl für Unternehmen und höhere Anforderung.» Von dem laufenden Parteitag in Peking erhofft sich die junge Frau auch nichts: «Ich kümmere mich nicht viel um Politik, deswegen verfolge ich das nicht.»

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