Wladimir Putin feiert bei der russischen Scheinwahl einen historischen Sieg. Experten erklären, was der Kreml-Chef nun für Ziele verfolgt.
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Wladimir Putin wird laut Experten nach seiner Wiederwahl seine Ideologisierung Russlands vorantreiben. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach der Scheinwahl von Wladimir Putin äussern sich Experten zur Zukunft von Russland.
  • Das Wahlergebnis dürfte demnach als Ansporn dienen, um den Ukraine-Krieg weiterzuführen.
  • Auch für die Russen selbst werden die nächsten sechs Jahre weitreichende Folgen haben.
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Kaum überraschend wird Wladimir Putin in Russland mit einem «historischen Wahl-Sieg» für eine weitere Amtszeit bestätigt. Die Wahlkommission in Moskau hat dem Kremlchef vorläufig etwas über 87 Prozent der Stimmen zugesprochen. In seiner Rede zum Wahlsieg am Sonntagabend zeichnete Putin schon einmal ein düsteres Bild für die Zukunft.

Ein umfassender Konflikt mit der Nato sei nicht auszuschliessen, meinte der 71-Jährige. Er fügte an, dass die Welt in diesem Fall «nur einen Schritt von einem 3. Weltkrieg» entfernt wäre und meinte: «Ich halte es für unwahrscheinlich, dass irgendjemand daran interessiert ist.«

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Dass Putin die Wahl gewinnen würde, stand nicht nur für viele westliche Beobachter, sondern auch für die meisten Russen fest. Alexander Libman, Professor für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Osteuropa an der Freien Universität Berlin, erklärt gegenüber «Focus online»: «Die Wahl ist für viele von ihnen eigentlich nur noch ein Ritual. Allen ist klar, dass die Entscheidung schon vorher getroffen wurde»,

«Wladimir Putin wird seinen Krieg fortsetzen»

Zur Frage, was für Ziele Putin jetzt verfolgen wird, dazu äusserten sich bereits kurz nach der Scheinwahl die ersten Experten. Angela Stent, Leiterin der Beratungsabteilung am renommierten United States institute of Peace in Washington, D.C., meint etwa, es kein Zufall sei, dass Putin so grossen Wert auf seine erneute Wahl legte.

Die Autorin von «Putins Welt» betont, dass die Zeichen auf Konfrontation stehen. Vom «Wall Street Journal» wird sie mit folgenden Worten zitiert: ««Ich denke, dass es ihm darum ging, Russlands Rolle in der Welt und Russlands territoriale Integrität zu erhalten. Alles, was er signalisiert hat, ist, dass er den Ukraine-Krieg fortsetzen wird.»

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Wladimir Putin ist als Präsident der Russischen Föderation für die Amtszeit von 2024 bis 2030 wiedergewählt.
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Alles deutet daraufhin, dass Wladimir Putin wiedergewählt wird.
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Währenddessen machen sich Gerüchte breit, dass Putin einen Angriff auf die Nato am Planen sei.
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Gemäss dem estnischen Geheimdienst nutze Putin den Krieg in der Ukraine, um die Militär-Taktiken seiner Truppen anzupassen.
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In den nächsten zehn Jahren könnte das russische Militär laut Geheimdienstchef Rosin die Nato attackieren.

Auf Wladimir Putin werden im Zusammenhang mit dem Krieg neue Herausforderungen zukommen, sagt Alexander Libman im Gespräch mit «Focus online». «Die Lage an der Front kann sich rapide ändern, was ihn unter Druck setzen wird.» Der Experte geht davon aus, dass die russische Wirtschaft zwar stabil bleibe. Aber: «Die Ressourcen des Regimes sind allerdings nicht unendlich.»

Wladimir Putin müsse deshalb Entscheidungen treffen, wo künftig gespart wird. «Das kann einen Einfluss auf seine Unterstützung haben. Es wird zum Beispiel schon jetzt viel über die Erhöhung der Einkommens- und Unternehmenssteuer gesprochen.» Analysten erwarten ausserdem eine neue Generalmobilmachung, um die Invasion in der Ukraine weiter anzutreiben.

Wladimir Putin plant «Verhaftungswelle» im eigenen Land

Neben einem noch brutaleren Vorgehen in der Ukraine erwarten Experten ausserdem auch eine Zunahme der Repressionen in Russland. Die Rede ist von einer «Verhaftungswelle» im eigenen Land und neuer Gesetze zur Unterdrückung unliebsamer Meinungen.

«In letzter Zeit haben wir eine Zunahme der Aktivitäten des russischen Geheimdienstes und der Sicherheitsdienste gesehen, die extrem aggressiv sind.» Diese Aussage machte Politikprofessor Andrei Soldatov vom Center for European Policy Analysis in Washington, D.C. während eines Medien-Briefings.

In Moskau wurde während der Präsidentschaftswahl eine Urne in Brand gesetzt. Solche Aktionen dürfte der russische Geheimdienst zum Anlass nehmen, noch härter gegen Kritiker von Wladimir Putin vorzugehen. - Telegram

Für Putin stehe die politische Stabilität seines Landes auf dem Spiel, so Soldatov. Das habe die Paranoia des Kreml-Chefs vor den Wahlen widergespiegelt. «Da die Stabilität auf dem Spiel steht, ist alles vertretbar. Auch die Tötung politischer Gegner und Angriffe im Ausland.»

Der Polit-Experte prognostiziert, dass das harte Vorgehen gegen Kritiker auch nach der Wahl weitergehen werde. Und zwar nach einem in Russland üblichen Muster: «Sie nutzen die Wahl als Vorwand, und dann machen sie diese Methoden und Aktivitäten einfach zu einem Teil ihres Spielbuchs.»

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