Von Taiwan gesuchter Mordverdächtiger aus Haft in Hongkong freigekommen
Ein des Mordes verdächtigter 20-Jähriger, dessen geforderte Auslieferung an Taiwan die massiven Proteste in Hongkong befeuert hatte, ist aus dem Gefängnis freigekommen.

Das Wichtigste in Kürze
- Geforderte Auslieferung befeuerte Protestwelle in Hongkong.
Der Hongkonger Chan Tong Kai wurde nach Polizeiangaben am Mittwoch nach 18 Monaten aus einem Hochsicherheitsgefängnis in der chinesischen Sonderverwaltungszone freigelassen. Er steht im Verdacht, in Taiwan seine schwangere Ex-Freundin getötet zu haben und sass wegen Geldwäsche und Raubes an der Frau in Haft. In Taiwan droht ihm ein Prozess wegen Mordes.
Die taiwanischen Behörden hatten vergangenes Jahr die Auslieferung des Mannes gefordert. Diese wäre unter dem damals geplanten Auslieferungsgesetz der Hongkonger Regierung möglich geworden. Das heftig umstrittene Gesetz sollte die Überstellung von Verdächtigen an die Justizbehörden ausserhalb Hongkongs ermöglichen, etwa an Festland-China. Dagegen entstanden Proteste, die durch den Fall Chan weiter angeheizt wurden und sich mittlerweile gegen die pekingtreue Regierung richten.
Die Hongkonger Regierung zog das Gesetzesvorhaben inzwischen formell zurück. Chan sagte am Mittwoch, er wolle sich freiwillig der Justiz in Taiwan stellen und auf die Pazifikinsel zurückkehren. Er entschuldigte sich bei der Familie seiner Ex-Freundin für «Schmerz und Qual», die er ihr zugefügt habe. Mit Blick auf die Gesellschaft in Hongkong sagte er: «Es tut mir leid.»
Wegen eines diplomatischen Zerwürfnisses zwischen Taiwan und Hongkong muss Chan allerdings zunächst in der chinesischen Sonderverwaltungszone bleiben. Die taiwanischen Behörden wollten den 20-Jährigen durch eigene Regierungsmitarbeiter direkt in Hongkong abholen lassen. Die Regierung Hongkongs wies dieses Ansinnen als «völlig inakzeptabel» zurück.
Die Regierung in Peking will verhindern, dass Hongkong eigene Beziehungen mit Taiwan unterhält. Die chinesische Regierung betrachtet die Pazifikinsel als abtrünnige Provinz. Taiwans Behörden kündigten nun an, sie hätten einen «Kanal» zu Chan gelegt, über den er Kontakt aufnehmen und über die Modalitäten seiner freiwilligen Rückkehr sprechen könne.