Der UN-Palästinenserhilfswerk-Chef sieht keine Möglichkeit zur Evakuierung von Rafah.
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ARCHIV - Palästinenser drängen sich auf einem lokalen Strassenmarkt. Nach Angaben des UNRWA hat sich die Bevölkerung der Stadt Rafah mehr als vervierfacht. Foto: Abed Rahim Khatib/dpa - sda - Keystone/dpa/Abed Rahim Khatib

Der Chef des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA sieht keine Möglichkeit, Menschen aus der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens wie von Israel gefordert zu evakuieren. «Evakuierung wohin? Es gibt keinen sicheren Ort in Gaza», sagte Philippe Lazzarini der «Neuen Zürcher Zeitung» (Donnerstag). Der Norden sei mit nicht explodierten Sprengkörpern übersät. Man könne die Bevölkerung nicht dorthin bringen.

Dort herrsche akute Unterernährung, eine Hungersnot drohe. «Es gibt keinen Ort, an den man evakuieren kann.» Israels Regierung hat die in der Region tätigen UN-Organisationen aufgefordert, bei der Evakuierung von Zivilisten aus Rafah zu helfen. Die Streitkräfte sehen Rafah als letzte Bastion der islamistischen Hamas, die sie im Zuges des Gaza-Krieges zerstören wollen.

Rafah: Letzte Bastion und Flüchtlingslager

In der Stadt mit einst 300'000 Einwohnern kampieren nach UN-Angaben inzwischen mehr als 1,4 Millionen Menschen, die vor israelischen Angriffen in anderen Teilen des Gazastreifens geflohen sind. Israel hatte die Errichtung ausgedehnter Zeltstädte für die zu evakuierende Bevölkerung weiter nördlich von Rafah vorgeschlagen.

Lazzarini sagte, die Bevölkerung sei bereits mehrfach innerhalb des Küstengebiets geflohen. Mehr als 100'000 Menschen seien entweder getötet oder verletzt worden oder würden vermisst. Im Gazastreifen seien in nur vier Monaten fast 18'000 Kinder zu Waisen geworden.

Kritik an UNRWA und Forderungen Israels

Das Palästinenser-Hilfswerk war massiv in die Kritik geraten: Zwölf UNRWA-Mitarbeiter sollen am Massaker der Hamas an Israelis am 7. Oktober beteiligt gewesen sein. Israel gab am Wochenende zudem an, unter dem UNRWA-Hauptquartier in der Stadt Gaza einen Tunnel entdeckt zu haben, der der Hamas als Datenzentrale für den militärischen Geheimdienst der Miliz gedient habe. Israels Aussenminister Israel Katz forderte die Ablösung des UNRWA-Chefs.

Lazzarini lehnte das erneut ab. Das UN-Palästinenserhilfswerk befinde sich in einer existenziellen Krise. «Ich glaube nicht, dass es vernünftig wäre, das Schiff zu einem solchen Zeitpunkt zu verlassen.»

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