Tunesiens Präsident unter Druck: Proteste für politische Gefangene
Hunderte fordern in Tunesien die Freilassung politischer Gefangener und kritisieren den autoritären Kurs des Präsidenten.

In Tunesien haben Hunderte Menschen von Präsident Kais Saied erneut die Freilassung politischer Gefangener gefordert. Sie versammelten sich gestern am Abend im Zentrum der Hauptstadt Tunis – am vierten Jahrestag von Saieds Massnahmen, die seine Kritiker als «Putsch» und illegalen Machtausbau bezeichnen.
An dem Protest nahmen Aktivisten und auch Angehörige von Oppositionspolitikern teil. «Die Lage in den Gefängnissen ist schlimm. Sie sind überfüllt und es besteht die Gefahr, dass Krankheiten sich ausbreiten», sagte der Sohn des Chefs der Republikanischen Partei, Issam Chebbi, der Anfang 2023 festgenommen wurde.
Kampfgeist sei ungebrochen
Der Kampfgeist seines Vaters sei aber ungebrochen, sagte Abdelaziz Chebbi der dpa, der beim Protest in Tunis einen symbolischen Käfig trug. Saied herrscht in dem kleinen Land am Mittelmeer seit einigen Jahren zunehmend autoritär.
Nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2019 trieb er ab 2021 einen Machtausbau voran, den Kritiker als systematische Aushöhlung von Rechtsstaatlichkeit beschreiben.
Präsident verteidigt harten Kurs
Saied hat seine Schritte verteidigt und erklärt, sich im Rahmen geltenden Rechts zu bewegen und Korruption zu bekämpfen. In Tunesien wurden laut Menschenrechtlern in vergangenen Jahren Dutzende Oppositionelle festgenommen, darunter Aktivisten, Journalisten und Anwälte.
Die Opposition bezeichnet diese Festnahmen als politisch motiviert. Unter den Inhaftierten ist auch der wohl prominenteste Kritiker Saieds: Rached Ghannouchi, Chef der moderat-islamistischen Partei Ennahda.
Der inzwischen 84-Jährige wurde im Februar zu 22 Jahren Haft verurteilt.