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Scheuer schlägt EU-weite Pkw-Maut vor

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Bolivien,

Überraschend schlägt der Bundesverkehrsminister eine Art EU-weite Maut vor. Seit langem wird in der EU über eine Nutzerfinanzierung von Strassen debattiert. Bei der SPD kommen die neuen Vorschläge gar nicht gut an.

Seit vielen Jahren werde in der EU über eine einheitliche Linie bei der Nutzerfinanzierung gesprochen, sagt Andreas Scheuer. Foto: Christoph Soeder/dpa
Seit vielen Jahren werde in der EU über eine einheitliche Linie bei der Nutzerfinanzierung gesprochen, sagt Andreas Scheuer. Foto: Christoph Soeder/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die deutsche Pkw-Maut ist krachend gescheitert, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) deswegen massiv in der Kritik.

Er versucht nun in die Offensive zu kommen - mit einem überraschenden Vorstoss für eine Art EU-weit einheitliche Vignette.

Damit blitzt er aber beim Koalitionspartner SPD ab. Scheuer sagte, seit vielen Jahren werde in der EU über eine einheitliche Linie bei der Nutzerfinanzierung gesprochen. Im Sommer sei unter Führung Deutschlands ein Vorschlag der kroatischen Ratspräsidentschaft für eine neue Eurovignetten-Richtlinie abgelehnt worden, weil zu wenig differenziert worden sei und dies zu Lasten Deutschlands gegangen wäre. So wären etwa Handwerker belastet worden.

Er nehme nun auf Wunsch vieler Mitgliedsstaaten im Zuge der deutschen Ratspräsidentschaft einen neuen Anlauf für eine Nutzerfinanzierung über alle Fahrzeugklassen hinweg - also auch für Pkw - und setze dabei auf «Innovation, Effizienz und Klimaschutz». So sehe der Vorschlag vor, dass Anreize gesetzt würden, um auf alternative Antriebe umzusteigen. Es solle ausserdem Ausnahmen etwa für Busse geben.

Hintergrund ist eine Weiterentwicklung der Eurovignetten-Richtlinie der EU. Dabei geht es im Kern um eine sogenannte Nutzerfinanzierung von Strassen - der Verkehrsteilnehmer zahlt also direkt für die Benutzung der Infrastruktur. Bisher geht es vor allem um schweren Lkw-Verkehr. Die geltende Richtlinie enthält keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Benutzungs- oder Mautgebühren einzuführen. Falls Länder das aber machen, müssen die Vorgaben der Richtlinie beachtet werden.

In vielen Ländern gibt es streckenbezogene Autobahngebühren oder Vignetten bereits auch für Pkw. In Deutschland gilt für Lkw ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht eine Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstrassen. Die Einnahmen werden für diese Bundesfernstrassen verwendet, etwa für Reparaturen.

In einem internen Schreiben des Verkehrsministeriums an andere Ressorts hiess es nun, bei der EU-Richtlinie seien einige Neuregelungen geplant. Wenn Mitgliedstaaten bereits ein System für Strassenbenutzungsgebühren eingeführt hätten, sollten künftig, acht Jahre nach Inkrafttreten, alle Fahrzeuge, die auf der Autobahn führen, Gebühren entrichten - also auch Pkw, jedoch nicht Motorräder und Busse.

Beim Gebührensystem solle es eine Wahlfreiheit geben, also ob zeit- oder streckenbezogen. Ausserdem seien Erleichterungen im Hinblick auf die Umsetzung der CO2-Differenzierung geplant.

Das Bundesumweltministerin konterte am Mittwoch und lehnte Scheuers Vorstoss ab. Ein Sprecher von Ministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, eine EU-weite Vignette führe in die falsche Richtung. Er wies darauf hin, dass die Bundesregierung eine Bepreisung des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) im Verkehr ab 2021 beschlossen hat - damit sollen Benzin und Diesel schrittweise verteuert werden. Die CO2-Bepreisung soll in den kommenden Jahren stufenweise steigen, im Gegenzug sollen Pendler entlastet werden.

Das Umweltministerium wolle keine «Doppelbelastung» für Autofahrer, hiess es. Eine Vignette hätte ausserdem den Nachteil, dass es eine Art «Flatrate» wäre, die Vielfahrer belohne und Wenigfahrer belastet, so der Sprecher Schulzes.

Scheuer wies Kritik des Umweltministeriums zurück. Falls in der deutschen Ratspräsidentschaft keine Einigung zur Vignetten-Richtlinie gelinge, werde dies bei folgenden Ratspräsidentschaften zu Lasten von Innovation und zu Lasten des Mittelstandes, insbesondere des Handwerks, gehen. Der deutsche Vorschlag setze gerade auf mehr Klimaschutz, insofern komme der Widerstand aus dem Umweltministerium für ihn überraschend.

Die Bundesregierung muss sich erst auf eine gemeinsame Position einigen, bevor Scheuer Verhandlungen mit den EU-Mitgliedsstaaten führen kann.

Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kirsten Lühmann, sagte: «Verkehrsminister Andreas Scheuer prescht mit einem alten Vorschlag voran, der weder abgestimmt noch sinnvoll ist, und mit dem er schon bei seinen europäischen Kollegen abgeblitzt ist.» Auch aus der Opposition kam Kritik. «Wenn Andi Scheuer jetzt nach seinem Maut-Desaster mit dem Vorschlag einer neuen, europaweiten Maut kommt, ist das nicht mehr als ein weiterer billiger Versuch, den beschlossenen CO2-Preis noch zu stoppen», sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.

Das Modell für eine deutsche Pkw-Maut war im vergangenen Jahr gescheitert. Der Europäische Gerichtshof hatte die Pläne gekippt - sie seien diskriminierend für die Halter und Fahrer aus anderen EU-Ländern. Inländische Autobesitzer sollten im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett entlastet werden. Die Opposition wirft Scheuer schwere Fehler zulasten der Steuerzahler vor. So habe er Verträge zum Betrieb der Pkw-Maut voreilig unterschrieben. Der Minister weist die Vorwürfe zurück.

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