Mehr als 60 Tote bei Protesten und Gewalt in Äthiopien

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Äthiopien,

Bei Protesten gegen den äthiopischen Regierungschef und diesjährigen Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed und bei gewaltsamen Zusammenstössen zwischen verschiedenen Volksgruppen sind in Äthiopien nach Polizeiangaben mindestens 67 Menschen getötet worden.

Proteste in Äthiopien
Proteste in Äthiopien - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Regierungskritiker wirft Friedensnobelpreisträger Abiy autoritäre Tendenzen vor.

Die Unruhen waren am Mittwoch in der Hauptstadt Addis Abeba und weiten Teilen der Region Oromia ausgebrochen - nach Gerüchten über eine Misshandlung des Abiy-Kritikers und Internetaktivisten Jawar Mohammed durch staatliche Sicherheitskräfte.

Auch Jawars Vorwurf, die Sicherheitskräfte planten einen Anschlag auf ihn, führten dazu, dass dessen Anhänger tagelang auf die Strasse gingen. In der Region Oromia kamen seit Mittwoch bei den Unruhen und Zusammenstössen 67 Menschen ums Leben, wie der regionale Polizeichef Kefyalew Tefera am Freitag sagte. 55 Menschen seien bei Kämpfen zwischen Angehörigen verschiedener Ethnien in der Region getötet worden, sagte er. Die übrigen Opfer seien von der Polizei getötet worden.

Jawar hatte mit seinem Mediennetzwerk Proteste unterstützt, die schliesslich zum Rücktritt des früheren Regierungschefs Hailemariam Desalegn führten und Abiy im vergangenen Jahr an die Macht brachten. In jüngster Zeit kam es dann zum Zerwürfnis zwischen den beiden Männern.

Der einflussreiche Jawar warf Friedensnobelpreisträger Abiy in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP am Freitag autoritäre Tendenzen vor. Der Ministerpräsident versuche, seine Kritiker einzuschüchtern, «sogar seine sehr engen Verbündeten, die ihm an die Macht verholfen haben», sagte Jawar, der 1,7 Millionen Abonnenten auf Facebook hat. «Einschüchterung ist der Beginn autoritärer Herrschaft.»

Jawar betonte, er erwäge eine Kandidatur gegen Abiy bei der für kommenden Mai geplanten Parlamentswahl. Er wurde in der Vergangenheit immer wieder von Kritikern beschuldigt, ethnischen Hass zu schüren und darauf abzuzielen, das Land zu destabilisieren.

Seit Abiy im April 2018 an die Regierung gekommen war, hatte er mit der autoritären Politik seiner Vorgänger gebrochen: Der 43-Jährige leitete eine Liberalisierung der Wirtschaft ein, liess politische Gefangene frei, erlaubte Rebellengruppen die Rückkehr ins Land und liess Dutzende Vertreter aus Militär und Geheimdienst wegen mutmasslicher Menschenrechtsverstösse festnehmen. Zudem schloss er mit dem jahrzehntelangen Erzfeind Eritrea ein Friedensabkommen. Für die Beendigung des Konflikts mit dem Nachbarland Eritrea und die Reformen in seiner Heimat wird Abiy am 10. Dezember in Oslo der Friedensnobelpreis verliehen.

Obwohl sich die Unruhen nach Angaben des regionalen Polizeichefs Kefyalew am Freitag beruhigt haben sollen, verdeutlichen die Proteste, wie ethnisch und religiös motivierte Konflikte in dem Vielvölkerstaat Äthiopien weiter schnell eskalieren können. Spannungen gibt es vor allem zwischen der grössten ethnischen Gruppe des Landes, den Oromos, und der einflussreichen Minderheit der Tigray. Die Differenzen treten wohl auch vermehrt zu Tage, weil Meinungs- und Pressefreiheit unter Abiy gestärkt wurden.

1991 hatte die Tigray-Volksbefreiungsfront (TPLF) das marxistische Militärregime Äthiopiens gestürzt. Mit ihr erstarkte die politische Macht der Tigray, die nur sechs Prozent der Bevölkerung stellen. Ihre Fraktion dominierte die regierende Äthiopische Revolutionär-Demokratische Volksfront (EPRDF) bis zur Regierungsübernahme Abiys im vergangenen Jahr. Sowohl Abiy als auch Jawar gehören den Oromos an. Sie warfen der Minderheit der Tigray vor, zu viel Einfluss zu haben und die anderen ethnischen Gruppen wie die Oromo und Amhara an den Rand zu drängen.

Mit über 100 Millionen Einwohnern ist Äthiopien nach Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Das Land legte in jüngster Zeit ein rasantes Wirtschaftswachstum hin. Dennoch zählt es nach wie vor zu den ärmsten Staaten der Welt.

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