Der Fall Dutroux steht für ein belgisches Trauma. Der Anwalt des Sexualmörders, Bruno Dayez, hat nun ein Buch veröffentlicht. Es ist eine Provokation.
Marc Dutroux (r.) entführte sechs Mädchen in den 90er Jahren, folterte und vergewaltigte sie. Vier tötete er. (Archivbild)
Marc Dutroux (r.) entführte sechs Mädchen in den 90er Jahren, folterte und vergewaltigte sie. Vier tötete er. (Archivbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Marc Dutroux ist der schlimmste Verbrecher in der Geschichte Belgiens.
  • Der Phädophile hat in den 90er Jahren mehrere Mädchen entführt, vergewaltigt und ermordet.
  • 2004 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt – sein Anwalt fordert nun in einem Buch die Freilassung des Straftäters.

Marc Dutroux. Mehr als diesen Namen braucht es nicht, um in Belgien heftige Reaktionen hervorzurufen. Sechs Mädchen entführte Dutroux in den 90er Jahren, folterte und vergewaltigte sie. Vier tötete er.

Das Trauma sitzt tief im Nachbarland. Derzeit ist die Diskussion in Belgien wieder besonders heftig. Denn Dutroux' Anwalt Bruno Dayez hat ein Buch geschrieben: «Pourqoui libérer Marc Dutroux» (Deutsch: «Warum Marc Dutroux freigelassen werden sollte»).

Der Sexualstraftäter sitzt seit 1996 in Haft, 2004 war er zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Lebenslang? Dayez sagt, 25 Jahre Haft seien genug. Danach habe jeder ein Recht auf ein neues Leben in der Gesellschaft. Dieses Recht müsse auch für Dutroux gelten. Dessen Komplizin und Ex-Frau kam 2012 vorzeitig frei.

Der Fall des heute 61-jährigen Dutroux hat die belgische Gesellschaft wie kein anderer erschüttert. Die Grausamkeit des Kriminellen, laut Gerichtsurteil ein Psychopath, entsetzte die Menschen. Dayez' Buch ist daher eine Provokation - nicht nur für die Angehörigen der Opfer.

Die Haltung der Angehörigen seiner Opfer ist klar. Gino Russo veröffentlichte ein Video seiner Tochter Melissa, in dem sie mit anderen Kindern einen Tanz aufführt. Es sei wenige Tage vor ihrem Verschwinden im Juni 1995 aufgenommen worden, schreibt er auf Facebook. Ob Dutroux freigelassen werden sollte? Eine überflüssige Debatte, findet Russo. Melissa starb in Dutroux' Kellerverlies.

Dayez selbst spricht ruhig und besonnen. In dieser Debatte dürfe man sich nicht von Emotionen leiten lassen, sagte er im belgischen Fernsehen. Sein Buch sei ein Werk der Vernunft. Der Staat dürfe Kriminelle und Mörder nicht behandeln, wie diese ihre Opfer behandelt hätten. Ein Rechtsstaat verfahre nicht nach dem Prinzip «Auge um Auge».

Völlig naiv sei er jedoch nicht. Er wisse, dass bei seinem Mandanten nur eine Freilassung unter Auflagen in Frage komme. Allerdings lehnte die Brüsseler Haftprüfungskammer Dutroux' Antrag, die restliche Haftstrafe im Hausarrest absitzen zu dürfen, schon 2013 ab. «Es gibt überhaupt keine Aussicht auf Wiedereingliederung in die Gesellschaft», sagte der Gerichtspräsident Luc Hennart damals.

Anwalt Dayez hat eine andere Sicht: «Ich treffe einen Mann, ich treffe weder ein Monster noch einen Zombie», sagte er über die Besuche im Gefängnis. Seiner Meinung nach hätte mit der Todesstrafe auch die lebenslange Haft abgeschafft werden müssen. Denn das Ende der Todesstrafe habe schliesslich die Resozialisierung der Täter zum Ziel gehabt. In belgischen Gefängnissen werde dafür allerdings nichts getan.

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