Die Situation im krisengeschüttelten Haiti scheint festgefahren. Die Entsendung ausländischer Kräfte und die Vorbereitung einer Interimsregierung lägen auf Eis.
Haiti Protest Rauch Strassenszene
Die Krise in Haiti eskaliert weiter, Lösungsansätze scheinen auf Eis zu liegen. - keystone

Die Verhandlungen zur Bildung einer Interimsregierung für den karibischen Krisenstaat Haiti kommen einem Medienbericht zufolge nicht vom Fleck.

Die sieben beteiligten Gruppen aus Haitis Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft verpassten eine 24-Stunden-Frist, um für die Vorbereitung einer Übergangsregierung jeweils einen Vertreter zu ernennen, wie die US-Zeitung «Miami Herald» am Mittwoch berichtete.

Machthaber kündigt Rücktritt an

Die geplante Entsendung einer multinationalen Truppe unter der Führung Kenias zur Unterstützung von Haitis Polizei im Kampf gegen mächtige kriminelle Banden schien angesichts der Krise an der Staatsspitze zunächst auf Eis gelegt.

Die Gründung eines Übergangs-Präsidialrats in Haiti hatte die Karibische Gemeinschaft Caricom am Montag nach einem Treffen in Jamaika verkündet. Der Rat soll unter anderem eine neue Interimsregierung bestimmen, um Wahlen zu ermöglichen. Der derzeitige Interims-Premierminister Ariel Henry kündigte an, zurückzutreten, sobald der Rat stehe.

Haiti am Rande einer Hungerkatastrophe

Angesichts der dramatischen humanitären Lage in Haiti stellte die EU weitere 20 Millionen Euro für Hilfe bereit. Das Geld solle dazu beitragen, die dringendsten Bedürfnisse der Bevölkerung zu stillen, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel.

Das Welternährungsprogramm (WFP) hatte am Dienstag gewarnt, Haiti stehe am Rande einer verheerenden Hungerkrise. Die humanitären Bemühungen drohten, zum Erliegen zu kommen – weil die schlechte Sicherheitslage den Zugang zu den Menschen behindere, aber auch wegen versiegender finanzieller Mittel, hiess es.

Eine positive Nachricht gab es am Mittwoch vom WFP-Landesdirektor in Haiti, Jean-Martin Bauer. Erstmals seit Ende Februar habe die UN-Organisation wieder den Hafen der Hauptstadt Port-au-Prince für eine Hilfslieferung nutzen können, schrieb er bei X, vormals Twitter. Es war dort zu Bandengewalt und Plünderungen gekommen.

Interims-Premier kehrt nicht von Reise zurück

Interims-Premier Henry hatte die Regierungsgeschäfte kurz nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Juli 2021 übernommen. Seitdem gab es keine Wahlen. Brutal agierende, bewaffnete Banden, die zusammen fast das gesamte Gebiet von Port-au-Prince kontrollieren, schlossen sich Ende Februar zusammen und forderten Henrys Rücktritt.

Der Regierungschef kehrte daraufhin von einer Auslandsreise nicht zurück. Der deutsche Botschafter und weitere Diplomaten verliessen Haiti.

Geplante UN-Mission verschoben

Hilfe soll die neue Regierung von einer multinationalen Truppe zur Unterstützung der Polizei bekommen. Die Mission war bereits im Oktober vom UN-Sicherheitsrat genehmigt worden. Kenia erklärte sich bereit, sie anzuführen und rund 1000 Polizeibeamte zu entsenden.

Unter anderem Probleme bei der Finanzierung und ein kenianisches Gerichtsurteil verhinderten bislang den Beginn der Mission. Nach Medienberichten vom Dienstag will Kenias Regierung nun keine Einsatzkräfte nach Haiti entsenden, bis es eine neue Regierung gibt.

In Haiti lehnen viele Menschen einen Einsatz ausländischer Kräfte ab. Bei einer UN-Stabilisierungsmission von 2004 bis 2017 in Haiti lösten Blauhelme einen verheerenden Cholera-Ausbruch aus und wurden zahlreicher Sexualverbrechen beschuldigt.

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