Im Gefängnis in der syrischen Stadt Hassake sind rund 500 Anhänger der Terrormiliz IS inhaftiert. Ein seltener Einblick zeigt das Leben der Inhaftierten.
YPG
Die Kurdenmilizen lassen westliche Journalisten in ihre Gefängnisse für Interviews. (Symbolbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Rund 500 IS-Angehörige sind in einem Gefängnis im syrischen Hassake inhaftiert.
  • Medien wurde nun die seltene Gelegenheit geboten, das Gefängnis zu besuchen.
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Die Zelle hinter den Stahltüren ist so überfüllt, wie die Augen der Insassen leer sind. Abgemagert und verdreckt liegen die Häftlinge in orangenen Overalls teilnahmslos Seite an Seite auf dem Boden.

Der Platz ist so knapp, dass sich die grauen Schaumstoffmatratzen überlappen. Auf ihnen liegen die Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in dem kurdisch kontrollierten Gefängnis der nordsyrischen Stadt Hassake. Ihre Notdurft müssen sie in einer Latrine verrichten, die durch eine niedrige Mauer abgetrennt ist.

Islamischer Staat
Ein Konvoi von Kämpfern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf dem Weg von ihrer damaligen «Hauptstadt» Rakka in Syrien in den Irak (Aufnahme von 2014). (Symbolbild) - SDA

Rund 5000 IS-Anhänger sind in dem Gefängnis bei drückender Hitze zusammengepfercht, darunter auch Kinder und Jugendliche. Neben Irakern und Syrern ist auch eine nicht bekannte Zahl von Franzosen, Deutsche und Briten dort inhaftiert. Reporter der Nachrichtenagentur AFP hatten nun die seltene Gelegenheit, die von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kontrollierte Haftanstalt im Nordosten Syriens zu besuchen.

Seit der türkischen Offensive gegen die YPG-Miliz herrscht Sorge: Die tausenden inhaftierten Dschihadisten und ihre Angehörigen könnten die Chance nutzen, um aus den oft nur unzureichend gesicherten Lagern und Gefängnissen zu entkommen. Gerade die Europäer fürchten, dass die europäischen IS-Anhänger im Fall eines Ausbruchs zurück nach Europa einsickern. Ihre Staatsbürger zurücknehmen wollen sie aber nicht.

Sonne seit Monaten nicht gesehen

Der Gefängnisleiter in Hassake, der sich als Sarhat vorstellt, versichert, dass keine Insassen ausgebrochen seien. Vor einem Monat habe es bei der Essensausgabe jedoch einen Aufstand gegeben.

Manchmal würden auch flüchtige IS-Kämpfer auf das Gefängnis feuern. Damit zeigten sie den Insassen, dass sie nicht allein sind. Einige der Insassen gelten als so gefährlich, dass die Wärter zögern, die Luke zu ihrer Zelle zu öffnen.

Kurden-Proteste in Köln
Ein Demonstrant trägt eine Jacke mit dem YPG- Logo bei einer Demonstration gegen die türkische Militär-Offensive in Nordsyrien. - DPA

Keiner der Insassen in dem Gefängnis in Hassake hat in den vergangenen Monaten die Sonne gesehen. Kaum jemand hat Kenntnis der Ereignisse jenseits der Gefängnismauern.

Rund ein Drittel der Insassen ist verletzt oder leidet an Krankheiten wie Hepatitis und Aids. Doch es gibt auf der Krankenstation nur 300 Plätze. Viele der Kranken sind nur noch Haut und Knochen, nicht wenige haben Gliedmassen verloren.

Los der Gefangenen ungewiss

Unter den Gefangenen in Hassake ist auch Bassem Abdel Asim. Der 42-jährige Niederländer wurde bei einem Luftangriff verletzt. Er kann seither sein rechtes Bein nicht benutzten. Er würde gerne seine Frau wiedersehen.

Er hatte mit dem Versprechen von Türkei-Ferien in das IS-Kalifat gelockt. «Sie können mich danach hängen», sagt er. «Doch zuerst würde ich ihr gern sagen, dass es mir Leid tut.» Er habe sie in ein Land mit Krieg gebracht.

Auch der junge Brite Aseel Mathan sitzt in Hassake. Mit 17 hatte er sich den Dschihadisten im irakischen Mossul angeschlossen. Heute bereut er, dem Ruf des selbsternannten Kalifen Abu Bakr al-Bagdadi gefolgt zu sein.

Islamic State Timeline
Der Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, wurde von den USA für Tod erklärt. - keystone

Dieser wurde in der Nacht zu Sonntag bei einem US-Militäreinsatz im Nordwesten Syriens getötet. Der 22-jährige wünscht sich nichts mehr, als zu seiner Familie in Grossbritannien zurückzukehren.

Eine baldige Rückkehr ist aber unwahrscheinlich und das Los der Gefangenen insgesamt ungewiss. Wie lange die kurdische Selbstverwaltung noch die Kontrolle bewahren kann, ist offen. Vor allem nachdem sie die Truppen von Präsident Baschar al-Assad gegen die Türken zu Hilfe gerufen hat. Sollte Assad in den Kurdengebieten wieder die Kontrolle übernehmen, würden auch die inhaftierten Dschihadisten in seine Hände gelangen.

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