Gut zwei Wochen nach dem Militärputsch im Niger hat die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas ihre Drohkulisse gegen die neue Junta im Niger weiter verschärft.
dpatopbilder - Demonstranten nehmen kurz nach dem Putsch Ende Juli in Nigers Hauptstadt Niamey an einem Marsch zur Unterstützung der Militärjunta teil. Foto: Djibo Issifou/dpa
dpatopbilder - Demonstranten nehmen kurz nach dem Putsch Ende Juli in Nigers Hauptstadt Niamey an einem Marsch zur Unterstützung der Militärjunta teil. Foto: Djibo Issifou/dpa - sda - Keystone/dpa/Djibo Issifou

Das Wichtigste in Kürze

  • Ecowas erhöht den Druck auf die Niger-Junta mit der Aktivierung einer Eingreiftruppe.
  • Hilfsgruppen warnen währenddessen vor einer Hungerkrise im Niger aufgrund des Konflikts.
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Am Donnerstagabend verfügte die Gruppe die «sofortige» Aufstellung einer Eingreiftruppe für einen möglichen Einsatz im Niger, wie aus der Abschlusserklärung eines Gipfeltreffens der westafrikanischen Staatschefs in Nigerias Hauptstadt Abuja hervorging. Priorität habe aber eine Wiederherstellung der verfassungsmässigen Ordnung mit friedlichen Mitteln.

Die zwiespältige Ankündigung der Gruppe warf zunächst viele Fragen auf. Ecowas sprach zwar von einem Einsatz der Eingreiftruppe, gab aber weder Details zur Zusammensetzung der Truppe noch einen möglichen Zeitplan für einen Einsatz an.

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Die Ankündigung schien darauf ausgerichtet, den Druck auf die neuen Militärmachthaber aufrechtzuerhalten – ohne sofort militärische Fakten zu schaffen. Auch Nigerias Präsident Bola Tinubu warb in seiner Abschlussrede bei dem Gipfel erneut für eine friedliche Lösung des Konflikts mit der Militärjunta, schloss Gewalt «als letztes Mittel» jedoch nicht aus.

Putsch im Niger

Am 26. Juli hatte Nigers Präsidialgarde unter General Abdourahamane Tiani den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum in seiner Residenz festgesetzt, weil dieser Beobachtern zufolge Tiani an der Spitze der Eliteeinheit auswechseln wollte. Nach ersten Spekulationen über einen internen Machtkampf schlossen sich auch die anderen Zweige der Streitkräfte dem Putsch an, verkündeten «das Ende des Regimes» und lösten alle verfassungsmässigen Institutionen auf. Tiani übernahm die Macht. Unter dem Vorsitz Tinubus hatte die Ecowas bei einem ersten Sondergipfel am 30. Juli Massnahmen bis hin zu einer Militärintervention angedroht. Eine von der Ecowas gesetzte Sieben-Tages-Frist verstrich unterdessen am Sonntag.

Neben der militärischen Aufrüstung beschloss die Staatengruppe eine Weiterführung der Ende Juli verhängten Sanktionen. Die Wirtschaftsgemeinschaft hatte Handels- und Finanztransaktionen ausgesetzt, die Grenzen der Nachbarstaaten zum Niger geschlossen und die Zentralbanken angewiesen, Vermögenswerte nigrischer staatlicher und halbstaatlicher Unternehmen sowie der am Putsch beteiligten Militärs einzufrieren. Nigeria stellte zudem die Stromlieferungen in den Niger ein. Die Ecowas verurteilte am Donnerstag erneut die illegale Festnahme von Präsident Bazoum.

Das französische Aussenministerium bekräftigte am Abend seine «volle Unterstützung» für die Beschlüsse des Ecowas-Gipfels. Auch US-Aussenminister Antony Blinken betonte die Führungsrolle der Ecowas bei der Wiederherstellung der verfassungsmässigen Ordnung im Niger, ohne jedoch direkt auf ein mögliches militärisches Eingreifen Bezug zu nehmen. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, sagte bei einem Briefing in Washington, der Fokus der US-Regierung sei weiterhin auf einer diplomatischen Lösung. Sowohl Frankreich wie auch die USA haben wichtige Stützpunkte mit je mehr als 1000 Soldaten im Niger. Die Bundeswehr betreibt ein Logistik-Drehkreuz im Land.

Ecowas-Entscheidung nur «starkes Gerede»?

Laut Cameron Hudson, Afrika-Analyst am Center for Strategic and International Studies, ist die Ecowas-Entscheidung zunächst «starkes Gerede», um den Druck auf die Junta weiter hoch zu halten. Selbst wenn die Ecowas tatsächlich ernst machen sollte, bräuchte es Wochen oder gar Monaten um die Truppe zusammenzustellen. «In Gambia brauchte die Ecowas 2017 sieben Wochen, um sich zu organisieren, und Gambia hat keine Gegenwehr geleistet», schrieb Hudson auf Twitter.

Vor sechs Jahren griff die Ecowas das letzte Mal mit einer Militärintervention in einem ihrer Mitgliedsländer ein. Gambias Präsident Yahya Jammeh wollte damals nach verlorener Wahl seine Macht nicht an seinen Herausforderer Adama Barrow abgeben. Die Militärregierungen in Mali und Burkina Faso hatten der Junta im Niger bei einem Angriff der Ecowas Unterstützung signalisiert.

Im Niger warnten indes Hilfsgruppen vor einer Hungerkrise in Folge des Konflikts. Lebensmittelpreise seien in den vergangenen Wochen in die Höhe geschossen. Ungeachtet dessen fundierten Nigers neue Machthaber weiter ihre Macht und benannten in der Nacht zum Donnerstag eine neue Regierung aus 21 Militärs und Zivilisten.

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