Warnten die USA den Iran wirklich vor dem Angriff?
Nach dem US-Angriff auf die iranischen Atomanlagen fragt sich die ganze Welt: Wird der Iran zurückschlagen? Die wichtigsten Antworten.

Das Wichtigste in Kürze
- Nach den US-Angriffen rätselt die Welt über mögliche Reaktionen aus dem Iran.
- Laut Experten könnten Cyberattacken, Terrorismus und Angriffe auf US-Militärbasen folgen.
- Auch die Sperrung der Seestrasse von Hormus ist vorstellbar.
- Hier kommen die wichtigsten Fragen und Antworten.
Der Nahostkonflikt hat eine weitere Eskalationsstufe erreicht. Nun mischen sich auch die USA direkt in den Konflikt ein.
Die USA haben in der Nacht auf Sonntag die unterirdischen iranischen Atomanlagen mit 14 bunkerbrechenden Bomben angegriffen.
Diese sind unter dem Codenamen «Mitternachtshammer» unter anderem auf die Uran-Anreicherungsanlage Fordo zum Einsatz gekommen.
Sofort drohte die islamische Republik mit Konsequenzen. Wie diese aussehen könnten?
«Im Idealfall kommt Iran an den Verhandlungstisch»
Laut Claudia Brühwiler, USA-Expertin von der Uni St. Gallen, gibt es verschiedene Szenarien, wie es jetzt weitergehen könnte. Sie sagt auf Anfrage von Nau.ch: «Im Idealfall kommt Iran an den Verhandlungstisch und eine weitere Eskalation bleibt aus.»

Alternativ könne es aber zu «Cyberattacken gegen kritische amerikanische Infrastruktur oder terroristischen Anschlägen gegen die Zivilbevölkerung» kommen.
Ebenfalls vorstellbar für die US-Expertin: Angriffe gegen US-Militärbasen in der Region. Oder eine Blockade der Meerenge von Hormus.
Iran könnte USA indirekt angreifen
Manfred Elsig, Professor für Internationale Beziehungen an der Uni Bern, sagt: «Der Iran wird nicht direkt US-Einrichtungen angreifen.»
Aber es gebe verschiedene Gruppen in der Region, die Anschläge planen und verüben könnten. Die islamische Revolutionsgarde könnte laut Elsig im Hintergrund mit kleinen Gruppen aus Irak, Jemen und Syrien zusammenarbeiten.

«Die Mobilisierung könnte trotz eines geschwächten Teheraner Regimes gelingen», so Elsigs Einschätzung. Die Gefahrenstufe steige nun sicherlich an.
Das Regime in Teheran hätte genügend potenzielle Ziele: «Es sind rund 40‘000 US-Soldaten in der Region stationiert an 19 verschiedenen Standorten», erinnert Elsig.
Wie Iran reagiert, ist aber nur eine von vielen Fragen, die sich nach den US-Bomben stellt. Ein Überblick.
Warnte die USA Iran vor Bomben?
Angeblich haben die USA den Iran vor dem Bomber-Angriff informiert. Wie glaubwürdig ist eine solche Meldung? Was wäre das Interesse an der Vorwarnung?
Gemäss Elsigs Wissensstand gibt es keine offizielle Information, die dies bestätigt. Diese Vorabwarnung könne durchaus passiert sein, um die sogenannten Kollateralschäden tiefer zu halten. Also um keine unnötigen zusätzlichen Menschenleben zu gefährden.
«Falls es eine Warnung gab, dann sicherlich in letzter Minute», meint Elsig.
Ist das iranische Atomprogramm jetzt am Ende?
Eine weitere Frage, die sich stellt: Wie erfolgreich waren die Angriffe überhaupt?
Die USA haben laut Brühwiler ein Interesse daran, die Schläge als Erfolg auf ganzer Linie zu verkaufen. Und das iranische Regime daran, diesen herunterzuspielen. Unabhängige Informationen wird es laut der US-Expertin dazu wohl lange keine geben.

Was wir aber gemäss der Expertin wissen: «Das Atomprogramm wird nicht völlig am Ende sein, solange Expertise und Erfahrung vorhanden sind.» Solange es dieses gebe, könnte das Atomprogramm wieder aufgebaut werden.
Eine offene Frage ist laut Elsig: «Wurden kritisches nukleares Material und Geräte noch rechtzeitig abtransportiert und anderswo versteckt?»
Donald Trump machts wie Generationen von Präsidenten
Donald Trump wird aktuell vom demokratischen Lager kritisiert: Er hätte den Kongress involvieren müssen vor den Bomben, so die Vorwürfe.
«Allerdings haben schon Generationen von Präsidenten militärische Schläge angeordnet, ohne den Kongress einzubeziehen», so Brühwiler.
Zu weiteren Angriffen der USA im Iran meint Brühwiler: Trump werde weitere Angriffe vermeiden wollen – das sei auch die Linie, die seine Kabinettsmitglieder gegenüber der Presse verfolgen.
Brühwiler: «Wenn der Iran indessen US-Basen in der Region angreift, wird Trump nicht umhinkommen, zu reagieren.»
Diese Rolle spielt Putin nach USA-Bomben
Heute ist der iranische Aussenminister nach Moskau gereist. Russland ist ein historischer Verbündeter von Teheran.
Elsig meint zum Besuch: «Russland wird weiterhin versteckt das Regime unterstützen.» Dies habe Putin lange auch in Syrien getan und erst spät wurde Assad fallengelassen.

Russland unterstütze das Teheraner Regime durch den Kauf von Drohnen, die in der Ukraine eingesetzt werden. Auch helfe Russland seit langem, wirtschaftliche Sanktionen zu umgehen.
Zusätzlich gebe es immer wieder Stimmen, die davon ausgehen, dass das Atomprogramm auch unterstützt werde.
«Russland wird aber nicht aktiv eingreifen. Der Fokus ist auf die Ukraine gerichtet», so Elsig. Im Stillen hoffe der Kreml, dass die USA noch stärker in diesen Konflikt gezogen würden und sich so aufreiben.
Sperrt Iran die Strasse von Hormus?
Der Iran hat auch mit der Schliessung der Schifffahrtsstrasse von Hormus gedroht. US-Aussenminister Rubio warnte Teheran davor, die für Öltransporte wichtige Seeroute zu blockieren.

Für Elsig ist die Sperrung der Strasse von Hormus eine Aktion, welche «möglich scheint». «Diese Aktion würde den Ölpreis ansteigen lassen», so Elsigs Prognose.
Vor allem für die asiatischen Wirtschaften habe dies unmittelbare Folgen, da viele Länder Energie aus dieser Region beziehen. «Gleichzeitig würde sich Iran hier selber schaden, da China der Hauptabnehmer von iranischem Öl ist», sagt Elsig.