Die USA wollen nach eigenen Angaben Transparenz demonstrieren - und geben Einblick in ihre Atomwaffenbestände. Die meisten Atomsprengköpfe hat ein anderes Land.
Eine Titan-II-Rakete der USA in einem Raketensilo in einem Museum in Sahuarita. Foto: Jim Lo Scalzo/epa/dpa
Eine Titan-II-Rakete der USA in einem Raketensilo in einem Museum in Sahuarita. Foto: Jim Lo Scalzo/epa/dpa - dpa-infocom GmbH
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Die USA haben erstmals seit Jahren die Zahl ihrer Atomsprengköpfe veröffentlicht.

Nach Angaben des US-Aussenministeriums vom Dienstag (Ortszeit) gab es am 30. September 2020 einen Bestand von 3750 Atomsprengköpfen. Das waren 55 weniger als im Jahr zuvor.

Rund 2000 weitere Atomsprengköpfe seien derzeit ausgemustert und sollten demontiert werden, teilte das Ministerium in Washington mit. Seit 1994 hätten die USA 11.683 Atomsprengköpfe abgebaut. Seit September 2017 - als die US-Regierung zuletzt aktuelle Zahlen veröffentlichte - seien es 711 weniger.

Seit dem Höchststand im Jahr 1967 ist den Ministeriumsangaben zufolge die Zahl der Sprengköpfe im US-Arsenal um 88 Prozent gesunken. Zum Höhepunkt des Kalten Krieges verfügten die USA über einen Bestand von 31.255 Sprengköpfen. Seit dem Fall der Berliner Mauer 1989 sei die Anzahl der Sprengköpfe von damals 22.217 um 83 Prozent abgebaut worden, hiess es in der Mitteilung des Ministeriums.

Nach einer Statistik des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri besitzt nur Russland mehr Atomsprengköpfe als die USA. Sipri schätzte die Gesamtzahl der Atomsprengköpfe der USA (inklusive der ausgemusterten) in einer Mitteilung vom Juni auf 5550, die Russlands auf 6255. Mit weitem Abstand folgten in der Sipri-Liste die Atommächte China (350), Frankreich (290), Grossbritannien (225), Pakistan (165), Indien (156) und Israel (90). Im Fall von Nordkorea schätzt Sipri auf Basis des produzierten spaltbaren Materials, dass das Land 40 bis 50 Atomsprengköpfe bauen oder gebaut haben könnte.

Die Offenlegung der Zahlen sei ein «Akt des guten Willens» der USA und demonstriere die Verpflichtung des Landes zur Transparenz, sagte die beim Aussenministerium für Waffenkontrolle zuständige Beamtin, Bonnie Denise Jenkins. Transparenz trage dazu bei, Vertrauen in Rüstungskontrollregime aufzubauen und verringere das Risiko nuklearer Fehleinschätzungen. «Da wir, gemeinsam mit Grossbritannien und Frankreich, Transparenz in Bezug auf unsere Nuklearbestände demonstrieren, fordern wir andere Staaten mit Atomwaffen auf, dies ebenfalls zu tun», forderte Jenkins.

Die vom US-Aussenministerium veröffentlichten Zahlen bilden den US-Atomwaffenbestand vom Jahr 1945 bis zum 30. September 2020 ab. Während die Informationen während der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump (2017-2021) unter Verschluss gehalten wurden, bekannte sich die Regierung seines Nachfolgers Joe Biden zu mehr Transparenz.

Die Zahl nichtstrategischer Atomwaffen wurde seit dem 30. September 1991 um mehr als 90 Prozent reduziert, wie es weiter hiess. Während des Kalten Krieges hätten die USA über eine grosse Zahl und ein grosses Spektrum nichtstrategischer nuklearer Waffen verfügt, die auch als taktische Atomwaffen bezeichnet werden. Diese haben deutlich geringere Reichweiten als die strategischen, die über einen Kontinent hinaus eingesetzt werden können. Seit 1991 hätten die Vereinigten Staaten fast alle diese Waffen ausgemustert und demontiert, hiess es.

Ende vergangener Woche setzten Vertreter Russlands und der USA Gespräche über eine atomare Rüstungskontrolle in Genf fort. Die beiden Atommächte begannen Ende Juli in der Schweiz die neuen Gespräche, auf die sich zuvor der russische Staatschef Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden bei einem Gipfel Mitte Juni in Genf geeinigt hatten.

Die Gespräche gelten als wichtiges Signal für die globale Sicherheit. Grundlage ist das einzig noch verbliebene grosse Abkommen zur Rüstungskontrolle der USA mit Russland: der Vertrag über die strategische atomare Abrüstung New Start. Dieser begrenzt die Nukleararsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und je 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe. Die USA hatten sich mit dem Vorwurf, Russland halte sich nicht an Regeln, bereits aus mehreren Abkommen verabschiedet.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Wladimir PutinDonald TrumpJoe BidenRegierungArsenal