Menschen protestieren gegen Rassismus. Die Stimmung ist aufgeheizt. Der weisse Kyle R. erschiesst zwei Menschen. Der Freispruch des 17-Jährigen könnte zu neuen Protesten führen.
Kyle R. (l) hört dem Schlussplädoyer seines Anwalts Mark Richards zu. Foto: Sean Krajacic/Pool The Kenosha News/dpa
Kyle R. (l) hört dem Schlussplädoyer seines Anwalts Mark Richards zu. Foto: Sean Krajacic/Pool The Kenosha News/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im viel beachteten Prozess um den gewaltsamen Tod von zwei Menschen bei Anti-Rassismus-Protesten im vergangenen Jahr ist der Angeklagte freigesprochen worden.

Die zwölf Geschworenen am Gericht in der Stadt Kenosha befanden den Schützen Kyle R. am Freitag in allen fünf Anklagepunkten für nicht schuldig.

Der inzwischen 18-jährige Weisse hat die tödlichen Schüsse mit einem Sturmgewehr bei dem Protest im US-Bundesstaat Wisconsin nie bestritten, plädierte aber auf unschuldig. Er berief sich auf sein Recht zur Selbstverteidigung. Nach der Urteilsverkündung rang R. im Gerichtssaal sichtlich erleichtert um Fassung.

Verschärfte Sicherheitsmassnahmen

Im Gericht und vor dem Gebäude waren zuvor wegen befürchteter Proteste die Sicherheitsmassnahmen deutlich verschärft worden. Das Urteil könnte Vorwürfen, wonach weisse Angeklagte von der US-Justiz oftmals besser behandelt werden als Schwarze, neuen Rückhalt geben. Der Prozess hat in den USA bereits eine Debatte über das Recht auf Selbstverteidigung und das Recht, eine Waffe zu tragen, ausgelöst.

In Kenosha waren im Sommer 2020 schwere Proteste ausgebrochen, nachdem dem Afroamerikaner Jacob Blake bei einem Polizeieinsatz mehrfach in den Rücken geschossen worden war. Der Fall ereignete sich in einem aufgeheizten politischen Klima, denn nur etwa drei Monate vorher war in Minneapolis der Afroamerikaner George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz getötet worden. Videos vom Todeskampf Floyds verbreiteten sich wie ein Lauffeuer und führten landesweit zu anhaltenden Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus.

Anklage lautete Mord in zwei Fällen

Der damals 17-jährige R. erschoss bei einem Protest zwei weisse Männer mit einem Sturmgewehr vom Typ AR-15 und verletzte eine weitere Person. Er war nach Kenosha gereist, um dort eigenen Angaben nach Eigentum vor Plünderungen zu schützen. Die Anklage legte ihm unter anderem Mord in zwei Fällen zur Last. Ihm drohte lebenslängliche Haft.

Bei seiner Aussage während des Prozesses beteuerte der Angeklagte, er sei nicht nach Kenosha gefahren, um Ärger zu machen. Er sei bedroht worden und habe geschossen, weil er um sein Leben gefürchtet habe. Der eine Mann, den er erschoss, habe ihn verfolgt und nach seiner Waffe gegriffen. Der andere habe mit einem Skateboard auf ihn eingeschlagen. «Ich hatte nicht vor, sie zu töten. Ich wollte die Leute aufhalten, die mich attackierten», sagte er.

Von zahlreichen Rechten wird R. als Märtyrer gefeiert, der sich für die öffentliche Sicherheit eingesetzt habe. Auch der damalige US-Präsident Donald Trump verteidigte ihn im Wahlkampf und suggerierte nach dem Zwischenfall, der Jugendliche habe in Notwehr gehandelt. Die drei Männer, auf die R. geschossen hatte, waren weiss.

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