Die USA wollen für Flüchtlinge aus Afghanistan rund 100 Millionen Dollar zur Verfügung stellen. Das Geld kann auch an andere Regierung gegeben werden.
Milizionäre halten Ausschau nach Taliban-Kämpfern
Milizionäre halten Ausschau nach Taliban-Kämpfern - AFP/Archiv

Angesichts der erwarteten Fluchtbewegungen wegen des Vormarschs der radikalislamischen Taliban in Afghanistan stellen die USA einhundert Millionen US-Dollar (rund 85 Millionen Euro) Unterstützung in den Bereichen Migration und Flucht zur Verfügung.

Die Mittel seien für «unerwartete, dringende Bedürfnisse von Flüchtlingen und Migranten, Konflikt-Opfern und anderer wegen der Situation in Afghanistan gefährdeter Menschen», hiess es in einer Mitteilung des Weissen Hauses am Freitag.

Die Mittel seien auch für die Unterstützung von ehemaligen Hilfskräften der USA in Afghanistan vorgesehen. Rund 20'000 Afghanen, die während des Krieges in dem Land unter anderem als Dolmetscher für die US-Armee gearbeitet hatten, fürchten nun Vergeltung durch die Aufständischen und haben Anträge auf spezielle Visa für die USA gestellt.

Das Geld könne sowohl bilateral als auch durch Beiträge an internationale Organisationen, nicht staatliche Gruppen, Regierungen oder US-Behörden ausgegeben werden, hiess es in der Erklärung.

Afghanistans Nachbarland Tadschikistan erklärte sich zur Aufnahme von zehntausenden afghanischen Flüchtlingen bereit. Es sei «derzeit möglich, rund 100'000 Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen», sagte Emomali Ibrochimsoda vom tadschikischen Notfallkomitee. Untergebracht werden sollen die Flüchtlinge demnach auf Truppenübungsplätzen.

In den vergangenen Wochen hatte das Land bereits mehr als tausend afghanische Soldaten vorübergehend aufgenommen, die vor Angriffen der Taliban flohen. Vor dem Hintergrund des Vormarsches der Taliban hielt die tadschikische Armee am Donnerstag ein Grossmanöver ab. Anfang August sind in dem zentralasiatischen Land zudem gemeinsame Militärübungen Tadschikistans und Russlands geplant.

Die Taliban hatten am Donnerstag erklärt, inzwischen 90 Prozent der Grenzen Afghanistans zu kontrollieren. Das Verteidigungsministerium in Kabul bezeichnete dies als «totale Lüge». Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist nicht möglich.

Mehrere afghanische Abgeordnete zeigten sich besorgt angesichts des Zustandes der afghanischen Luftwaffe. Sie forderten die USA auf, noch vor ihrem Abzug Schritte zur Wartung und zur Aufstockung der Munitionsvorräte zu unternehmen. Der Abgeordnete Hadschi Adschmal Rahmani warnte, dass derzeit ein Drittel der 150 Flugzeuge wegen Wartungsarbeiten nicht einsatzbereit seien.

Politiker der Grünen im Bundestag erneuerten angesichts der Lage ihre Forderung nach einem Ende der Abschiebungen nach Afghanistan. «Die Bundesregierung muss Abschiebungen nach Afghanistan endlich stoppen», verlangten die flüchtlingspolitische Sprecherin Luise Amtsberg und der Aussenpolitiker Omid Nouripour. Hintergrund ist ein neuer Lagebericht des Auswärtigen Amts, der laut einem Bericht der «taz» die Situation in Afghanistan verharmlost.

In dem vertraulichen Papier des Auswärtigen Amts ist laut der «tageszeitung» ungeachtet der jüngsten Entwicklung weiterhin von sicheren Gebieten für Abschiebungen die Rede. Dafür könnte der angegebenen «Stand Mai» eine entscheidende Ursache sein. So habe erst im Mai die aktuelle massive Taliban-Offensive begonnen, bei der seither etwa 200 von 388 Distrikten des Landes erobert worden seien. Anfang Mai seien dagegen noch lediglich 32 Distrikte unter Kontrolle der Islamisten gewesen. Zweifel werden in dem «taz»-Bericht auch an der Behauptung des Aussenministeriums geäussert, Schutzsuchende könnten «in die grösseren Städte ausweichen».

Parallel zum rasch fortschreitenden Abzug der US- und anderer Nato-Truppen aus Afghanistan hatten die Taliban in den vergangenen Monaten grosse Teile des Landes erobert. Beobachter befürchten, dass die Islamisten nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen wieder die Macht am Hindukusch übernehmen könnten. Die Friedensverhandlungen zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung in Doha sind seit Monaten festgefahren.

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