Haitis Bevölkerung findet keine Ruhe – im Kampf um Territorium terrorisieren kriminelle Gangs immer mehr Gemeinden in und um Port-au-Prince. Ein «lebender Alptraum», sagt Volker Türk von den UN.
Luftaufnahme des Stadtteils La Saline in Haitis Hauptstadt Port-Au-Prince. Die Menschen in dem Karibikstaat leiden unter einer äusserst schlechten Sicherheits-, Versorgungs- und Gesundheitslage. Banden kämpfen mit brutalen Mitteln um Territorium.
Luftaufnahme des Stadtteils La Saline in Haitis Hauptstadt Port-Au-Prince. Die Menschen in dem Karibikstaat leiden unter einer äusserst schlechten Sicherheits-, Versorgungs- und Gesundheitslage. Banden kämpfen mit brutalen Mitteln um Territorium. - Fernanda Pesce/AP/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bandenmitglieder haben nach UN-Angaben seit Oktober in Haitis Artibonite-Tal ein «Klima des Terrors» erzeugt und mindestens 69 Menschen erschossen.

Das UN-Büro in Haiti äusserte sich gestern besorgt über die Brutalität der zunehmenden Gewalt der Bande «Baz Gran Grif» (etwa: Grosse Kralle) gegen die Bevölkerung.

Dazu gehörten unter anderem Mord, Vergewaltigung, Entführung, Erpressung und Zerstörung in vier Gemeinden etwa 100 Kilometer nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince. Die Vereinten Nationen seien alarmiert über die Geschwindigkeit, mit der die Bande ihre Machenschaften auf neue Gebiete ausweite.

Gewalt auch ausserhalb der Hauptstadt

Der Karibikstaat leidet seit Jahren unter der Gewalt von Verbrechergruppen, die bisweilen politischen Akteuren nahestehen. Zuletzt verschärfte sich die Lage derart, dass die Interimsregierung, die seit der Ermordung des Staatspräsidenten Jovenel Moïse im Juli 2021 an der Macht ist, um Hilfe durch eine bewaffnete internationale Truppe bat – dazu kam es bislang aber nicht.

Schätzungen zufolge sind rund 200 kriminelle Gruppen in Haiti aktiv, die etwa 60 Prozent von Port-au-Prince kontrollieren. Während sich die meisten Verbrechen bisher in der Hauptstadt ereigneten, schwappt die Welle der Gewalt nun verstärkt auf Gebiete ausserhalb von Port-au-Prince über.

Morde und Massenvergewaltigungen

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sagte am 10. Februar zum Abschluss eines Haiti-Besuchs, die Situation dort bekomme nicht die dringende Aufmerksamkeit, die sie verdiene. Der Österreicher stellte einen Bericht vor, der allein in einem Teil der riesigen Armensiedlung Cité Soleil bei Port-au-Prince in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres 263 Morde und 57 Massenvergewaltigungen dokumentierte.

Die Menschen würden monatelang schikaniert und terrorisiert, ohne dass der Staat dies stoppen könne, sagte Türk. «Das kann man nur als einen lebenden Alptraum bezeichnen.»

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