Während die Grossmächte um Einfluss in der Region ringen, bekennt sich der Arktische Rat dazu, dass es friedlich bleibt im hohen Norden. Auch Russland will an Dialog und Kooperation festhalten.
Die USA, Russland und auch China haben seit längerem ein Auge auf die Arktis geworfen. Grund dafür sind vor allem kostbare Ressourcen in der Region sowie mögliche Schifffahrtsrouten. Foto: David Goldman/AP/dpa
Die USA, Russland und auch China haben seit längerem ein Auge auf die Arktis geworfen. Grund dafür sind vor allem kostbare Ressourcen in der Region sowie mögliche Schifffahrtsrouten. Foto: David Goldman/AP/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Russland ist neuer Vorsitzender des Arktischen Rates.

Island gab die Führung in dem wichtigsten Forum zur Zusammenarbeit in der Region um den Nordpol am Donnerstag nach zwei Jahren an den russischen Aussenminister Sergej Lawrow weiter.

Der isländische Aussenminister Gudlaugur Thór Thórdarson überreichte Lawrow dafür auf einem Ministertreffen in Reykjavik symbolisch den Hammer des Ratsvorsitzenden - turnusmässig wechseln sich die acht Arktis-Staaten im Zweijahresrhythmus an der Spitze des Rates ab.

Trotz gleich mehrerer Streitpunkte zwischen Russland und dem Westen beteuerte Lawrow, dass auch unter dem russischen Vorsitz an Dialog und Kooperation festgehalten werde. «Ich bin überzeugt, dass sich die Arktis nur durch Zusammenarbeit weiter entwickeln kann», sagte der Minister in Reykjaviks Konzerthaus Harpa. «Die Arktis ist ein Gebiet des Friedens, der Stabilität und der konstruktiven Kooperation.»

Die «positiven Beziehungen» der Partner sollten nun auch auf den militärischen Bereich ausgedehnt werden, der bislang in dem Gremium ausgeklammert ist. Lawrow sieht derzeit «kein Konfliktpotenzial» in der Arktis. «Wir sind froh, dass die Mehrheit unserer Partner auch diese Position vertritt.» Die USA hatten sich zuvor besorgt über die zunehmenden militärischen Aktivitäten Russlands geäussert. Moskau hat sein Militärpräsenz in der Region in den vergangenen Jahren verstärkt.

Auf dem Ministertreffen segnete der Rat erstmals überhaupt auch einen langfristigen strategischen Plan ab, der bis zum Jahr 2030 reicht. Darin bekennen sich die Arktis-Anrainer - dazu zählen neben Russland und Island ausserdem die USA, Dänemark, Finnland, Kanada, Norwegen und Schweden - zu ihrem gemeinsamen Werten und einem weiteren Streben nach nachhaltiger Entwicklung und Umweltschutz in der Region.

Auch eine gemeinsame Abschlusserklärung wurde unterzeichnet - die war beim letzten Treffen 2019 in Finnland wegen einer Verweigerung der US-Regierung von Präsident Donald Trump erstmals nicht zustande gekommen. Grund dafür war, dass in der Erklärung vor den Folgen des Klimawandels auf die Arktis gewarnt werden sollte. Anders als Trump ist die jetzige US-Regierung von Präsident Joe Biden um viel mehr internationale Kooperation und einen entschlossenen Kampf gegen die Klimakrise bemüht. Probleme gab es bei der Erklärung somit nicht - und als wollte er das unterstreichen, hielt US-Aussenminister Antony Blinken nach seiner Unterschrift lächelnd den Stift in die Höhe.

Die Isländer bekamen auf der Sitzung viel Lob für ihren Einsatz für die Arktis, etwa im Kampf gegen den Klimawandel und die Meeresverschmutzung durch Müll und Plastik. Thórdarson wies darauf hin, dass die Corona-Pandemie wie alles andere auch die isländischen Pläne für den Ratsvorsitz durcheinandergeworfen habe. «Unser Vorsitz war alles andere als gewöhnlich.»

Wie Island will sich Russland als Vorsitzender mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen. Mit dem Auftauen des Permafrostbodens ist das Riesenreich besonders schwer von den Folgen der Erderwärmung betroffen. Dabei geht es den Russen laut einem Strategiepapier auch um den Schutz der Bevölkerung, insbesondere der indigenen Völker. Zudem soll die wissenschaftliche Zusammenarbeit verstärkt werden.

Deutschland hat im Arktischen Rat einen Beobachterstatus inne. Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) machte in einer Videobotschaft klar, dass die Zukunft der Arktis auch die Zukunft anderswo bestimme. Mit Blick auf schmelzende Pole und den steigenden Meeresspiegel sagte er darin: «Ein halber Meter klingt nach nicht viel. Wenn man jedoch in einer vollen Badewanne sitzt, ist ein halber Meter Wasser zusätzlich sehr viel.» Dieses Szenario drohe der Welt bis zum Ende des Jahrhunderts. Die Politik müsse gemeinsam daran arbeiten, die Arktis - und somit die Erde - zu schützen.

Die Arktis erwärmt sich schneller als der Rest des Planeten - und wie nun bekannt wurde sogar noch zügiger als bislang angenommen: Die Zunahme der durchschnittlichen arktischen Oberflächentemperatur sei zwischen 1971 und 2019 mit 3,1 Grad Celsius rund dreimal höher gewesen als im globalen Durchschnitt in diesem Zeitraum, berichtete das im norwegischen Tromsø ansässige Arctic Monitoring and Assessment Programme (AMAP), eine Arbeitsgruppe des Arktischen Rates. Dies sei eine stärkere Zunahme als in früheren AMAP-Einschätzungen berichtet.

Bereits am Mittwochabend waren die Aussenministerinnen und -minister in Reykjavik zu einem Arbeitsabendessen zusammengekommen. An dessen Rande hatten sich Lawrow und Blinken erstmals getroffen. Dabei ging es nach Angaben beider Seiten um eine mögliche Normalisierung der Beziehungen. «Das Gespräch erschien mir konstruktiv», sagte Lawrow. Das Verhältnis der beiden Grossmächte ist seit langem angespannt.

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