Nach der Entdeckung eines Massengrabs mit Überresten von 215 indigenen Kindern in Kanada verlangen UN-Menschenrechtsexperten Aufklärung.
Indigene Völker
Eine Gedenktafel für Indigene Völker ist ausserhalb der ehemaligen Kamloops Indian Residential School zu sehen. Überreste von 215 Kindern kanadischer Ureinwohner sind auf einem Grundstück einer sogenannten Residential School in Kanada entdeckt worden. - sda - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Kanada wurde ein Massengrab mit Überresten von 215 indigenen Kindern entdeckt.
  • UN-Menschenrechtsexperten verlangen nun eine Aufklärung.
  • Die Todesumstände der Kinder sollen dabei umfassend geklärt werden.

Ein Massengrab mit Überresten von 215 Kindern wurde auf dem Gelände eines früheren Internats für Indigene Völker in Kanada entdeckt. UN-Menschenrechtsexperten fordern nun Aufklärung. In einer Stellungnahme vom Freitag forderten sie die kanadische Regierung und den Vatikan zu den Todesumständen der Kinder.

Umerziehungslager für indigene Völker

Alle verdächtigen Todesfälle müssten überprüft und sterbliche Überreste forensisch untersucht werden. Ähnliche Ermittlungen seien an allen derartigen Einrichtungen in Kanada nötig. Dabei um Folter- und Missbrauchsvorwürfen nachzugehen und womöglich noch lebende Übeltäter zur Rechenschaft zu ziehen.

Ureinwohner
Die ehemalige Kamloops Indian Residential School. Überreste von 215 Kindern kanadischer Ureinwohner sind auf einem Grundstück einer sogenannten Residential School in Kanada entdeckt worden. Sie seien bei Radar-Untersuchungen des Grundstücks in der Nähe der Stadt Kamloops im Westen Kanadas gefunden worden. Foto: Andrew Snucins/The Canadian Press/dpa - dpa

Das Massengrab in der Nähe der Stadt Kamloops in der westlichen Provinz British Columbia war Ende Mai entdeckt worden. Es fand sich auf dem Gelände der Kamloops Residential School, das zwischen 1890 und 1978 in Betrieb gewesen war. Wann und woran die Kinder starben, ist noch nicht bekannt. Einige von ihnen wurden nur drei Jahre alt.

Die Einrichtung bei Kamloops war nach Angaben von Indigenen die grösste ihrer Art in Kanada. Vom 17. Jahrhundert bis in die 1990er wurden solche sogenannten Residential Schools von der Regierung verwaltet und finanziert. Betreiber waren grösstenteils Kirchen und religiöse Organisationen.

Trudeau macht der Kirche Vorwürfe

Es handelt sich um eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Kanadas: Über Jahrzehnte riss die Regierung Tausende Söhne und Töchter aus ihren Familien und steckte sie in Internate. Dort sollten sie ihre Kultur vergessen - Feste, Lieder, Sprache, Religion - und die Traditionen der europäischen Einwanderer erlernen. Gewalt und sexueller Missbrauch waren praktisch an der Tagesordnung.

Justin Trudeau
Justin Trudeau am G7-Gipfel in Kanada. - Keystone

Die UN-Menschenrechtsexperten sprachen von «abscheulichen Verbrechen» und Menschenrechtsverstössen in den Internaten. In der Stellungnahme hiess es, es wäre «schlicht unvorstellbar», wenn der Vatikan die Verantwortlichen ungeschoren davonkommen liessen.

Kanadas Premier Justin Trudeau machte der katholischen Kirche schwere Vorwürfe. Sie sei ihrer Verantwortung nie gerecht geworden und stemme sich noch immer gegen eine rückhaltlose Aufklärung. Er sei «tief enttäuscht» vom Vorgehen der Kirche, die endlich Dokumente freigeben und die Opfer der indigene Völker entschädigen müsse.

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