Koscheres Fleisch soll in Niederösterreich nur noch an Juden verkauft werden, die sich namentlich registrieren lassen. Der Aufschrei ist gross.
Die FPÖ verlangt, das Schächten einzudämmen – und nur noch an registrierte Juden abzugeben.
Die FPÖ verlangt, das Schächten einzudämmen – und nur noch an registrierte Juden abzugeben. - pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Niederösterreich will den Export und den Zugang zu koscherem Fleisch beschränken.
  • Nur nachweislich gläubige Juden sollen geschächtetes Fleisch kaufen können.
  • Dadurch hätte die Regierung eine Liste mit allen strenggläubigen Juden.

Die rechtspopulistische FPÖ sorgt in Niederösterreich für Empörung: Landesrat Gottfried Waldhäusl fordert, das Schächten einzudämmen. Demnach soll koscheres Fleisch nur noch an streng gläubige Juden verkauft werden, die ihren Glauben nachweisen können. Dafür sollen sie sich namentlich an Konsumenten erfassen lassen. Für Waldhäusl ist dies keine Einschränkung der Religionsfreiheit, sondern eine Ausweitung des Tierschutzes.

«Aus der Sicht des Tierschutzes wäre Schächten für mich generell abzulehnen», bekräftigt Waldhäusl gegenüber der «Wiener Zeitung». Man lasse alles gesetzlich Mögliche prüfen, um das Schächten einzudämmen. «Es ist nicht einzusehen, warum Wiener nach Niederösterreich fahren und hier tausende Tiere schächten lassen. Wir prüfen, ob der Bedarf des Fleisches an den Wohnsitz gekoppelt werden kann.», so der Landrat weiter.

«Recht auf Religionsausübung ist nur ein individuelles»

Laut Oskar Deutsch, dem Präsidenten der Israelitischen Kultursgemeinde Wien (IKG), heisst das in der Praxis, dass Juden die koscheres Fleisch kaufen wollen, nachweisen müssen, dass sie immer koscher essen und dann namentlich erfasst werden. Das Amt argumentiert, dass «das Recht auf Religionsausübung nur ein individuelles sei». Es gäbe religiöse und nicht so religiöse Juden.

Deutsch betont, das lasse sich nicht in Schwarz-Weiss-Rastern abbilden. «Es gibt Menschen, die das ganze Jahr über nicht koscher halten, aber zu Pessach schon. Es gibt Menschen, die im Restaurant nicht koscher, aber vegetarisch essen, und zu Hause einen koscheren Haushalt führen. Es gibt Menschen, die grundsätzlich nur beim Fleischkauf auf koschere Schlachtung achten, nicht aber zum Beispiel bei Milchprodukten auf deren koschere Produktion.»

«Negativer Arier-Paragraph»

Im Netz sorgt der Vorschlag für Empörung: «Das ist Bevormundung, Freiheitsberaubung, Kontrolle. Und Antisemitismus», heisst es etwa auf Twitter, oder: «Erschreckend, wie rasant der autoritäre Umbau in diesem Land voran schreitet.»

Deutsch bezeichnet den Erlass als einen «negativen Arier-Paragraphen». Die IKG will gegen den Gesetzesentwurf vorgehen. Schreiben an die Landeshauptleutekonferenz und auch den Bundeskanzler Sebastian Kurz sollen nun helfen. Auch den Weg vors Gericht schliesst man nicht aus.

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