1.August - Feuerwerk im Aussen, Leere im Innen?

Raphael Fässler
Raphael Fässler

In diesem Gastbeitrag schreibt Raphael Fässler, warum unser Nationalfeiertag nicht mehr Knall, sondern Klarheit braucht.

Feuerwerk
Am 1. August werden in der Schweiz wieder Feuerwerke gezündet. - Depositphotos

Am Abendhimmel über unseren majestätischen Alpen tanzt das letzte Licht. Bald flammen die Höhenfeuer auf – Symbole einer alten Idee: Freiheit, Einheit, Würde.

Wir feiern. Und doch spüren viele eine stille Leere hinter dem Lärm. Zwischen Grillduft und Feuerwerk stellt sich die vielleicht wichtigste Frage:

Wer sind wir – jenseits von Tradition und Tracht?

Warum sind wir hier – in dieser Zeit, in diesem Land, mit all diesen Privilegien?

Was machen wir aus diesem Frieden, den so viele nicht kennen?

Wenn Feuer brennen, aber Herzen stumm bleiben

Vielleicht ist der 1. August nicht nur ein Nationalfeiertag. Vielleicht ist er eine Einladung, innezuhalten. Und zu lauschen. Uns zu erinnern an das, was wirklich zählt.

An Wilhelm Tell? An den Rütlischwur? An Neutralität, Direkte Demokratie, Käse und Präzision? Vielleicht... vielleicht auch nicht.

Zurück zur Stille, zurück zur Erde – zurück zur Heimat

Die Welt ist laut geworden. Lauter denn je. Wir scrollen, hetzen, funktionieren. Aber wir fühlen kaum noch. Sind wir: Maschine oder Mensch?

Während die Erde atmet, vergessen wir, dass wir Teil von ihr sind. Doch dort draussen – im Nebel über dem See, im Moos unter unseren Füssen, im Wind, der über den Grat fährt – liegt etwas Heiliges. Die Natur zeigt es uns täglich: Ein Berg denkt nicht nach, ob er reicht. Er ist einfach da. Ein Baum zweifelt nicht, ob er genug gibt. Er spendet.

Die Natur kennt keine Masken. Kein Leistungsprinzip. Kein «Gefällt mir». Sie fragt nicht, ob wir erfolgreich sind. Sie fragt nur: Bist du da? Echt? Wach?

Die wahre Heimat liegt nicht im Pass, sondern in der Präsenz. Vielleicht ist das unser stiller Auftrag: Nicht höher, schneller, weiter. Sondern tiefer. Wahrer. Verbundener. Wer in die Natur geht, begegnet sich selbst. Wer still wird, beginnt zu hören – der berührende Schlag unseres Herzens.

Freiheit ist, sich selbst spüren und zu führen

Freiheit ist kein Geschenk. Sie ist eine tägliche Entscheidung. Kein Zustand, den wir verwalten – sondern ein Weg, den wir gehen. Der 1. August ist kein Freipass zum kollektiven Grillfest, sondern eine Erinnerung daran, dass Freiheit immer Verantwortung braucht.

In einer Welt voller Ablenkung ist der innere Kompass das kostbarste Gut. Wir dürfen ihn neu justieren – mit Achtsamkeit, Dankbarkeit, Klarheit.

Nicht, weil wir perfekt sein müssen. Sondern weil wir es können. Wenn wir uns nicht mehr ablenken, beginnen wir uns zu erinnern:

Wir sind hier, um echt zu sein. Um etwas beizutragen. Um zu dienen. Um zu heilen.

Und ja – auch, um immer wieder neu zu wählen, wer wir sein wollen. Authentizität ein Leuchtturm.

Lachen – der kürzeste Weg nach Hause

Bei aller Tiefe, bei aller Ernsthaftigkeit: Vergessen wir unser Lachen nicht.

Unser Humor ist keine Flucht – er ist ein Heimkommen.

Wenn wir über uns selbst schmunzeln können, haben wir verstanden, dass das Leben nicht gegen uns ist. Sondern für uns. Das ist echte Freiheit. Wenn der Ernst weicht und das Herz lacht – da beginnt Heimat.

Was wäre ein echtes Feuerwerk ohne ein herzliches Lächeln daneben? In einem Land, das für seine Ernsthaftigkeit bekannt ist, brauchen wir mehr Scheunenfesthumor, mehr «Grittibänz»-Philosophie, mehr jodelnde Lebensfreude.

Und vielleicht beginnt genau hier, in einem befreienden Lachen über uns selbst, die tiefste Form von Frieden. Und unsere Seelen atmen gemeinsam und in Verbundenheit auf.

***

Raphael Fässler wirkt als Therapeut, Coach und Speaker in seiner eigenen Praxis «flowinyou» für ganzheitliche Therapie in Brunnen SZ. Der ehemalige Leistungssportler (Ski Alpin, Juniorenweltmeister) versteht es, Schicksalsschläge, Beschwerden oder Schmerzen nicht als Problem zu sehen, sondern das Geschenk für Wachstum dahinter wahrzunehmen.

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