Globetrotter-Chef Lüthi nervt sich über Werbung für «fette Ferien»
Mit dem Spruch «Schmaler Preis, fette Ferien» kommt Last-Minute-Anbieter L’tur bei Globetrotter-Chef André Lüthi nicht gut an.

Das Wichtigste in Kürze
- Globetrotter-Chef André Lüthi nervt sich über die Werbung eines Konkurrenten.
- Die Bezeichnung «fette Ferien» sei respektlos gegenüber der lokalen Bevölkerung.
- Auch Werber sehen die Werbung von L'tur überaus kritisch.
Reisewerbung kann bei André Lüthi, Verwaltungsratspräsident und Mitbesitzer der Globetrotter Group, starke Emotionen hervorrufen. Nicht selten negative.
Vor etwas mehr als einem Jahr stellte der Reiseprofi die Werbegelder von Schweiz Tourismus infrage.
«Wie viele Gäste hätten wir weniger, wenn die Budgets halbiert würden?», fragte er provokativ.
Jetzt ist es ein Werbeplakat von L’tur, das bei André Lüthi für Stirnrunzeln sorgt. Er entdeckte es bei einem abendlichen Spaziergang durch Luzern – und traute seinen Augen nicht. «Schmaler Preis, fette Ferien», hiess es auf der Leuchtreklame in Grossbuchstaben.

«Wo bleibt der Stolz, dass das Reisen und sich einlassen auf fremde Länder und Kulturen eine Lebensschule ist. Dass das Reisen viel zur Völkerverständigung beiträgt.»
Und: «Dass wir, die Reisebranche, mit Freude und Engagement unsere Kundinnen und Kunden beraten?», fragt er auf der Business-Plattform Linkedin.
Die Bezeichnung «fette Ferien» sei «respektlos» gegenüber der Bevölkerung der bereisten Länder und respektlos gegenüber der Reisebranche, so der Globetrotter-Chef.
In den Kommentaren unter dem Post erntet Lüthi viel Zuspruch aus der Branche.
Globetrotter-Chef zeigt kein Verständnis
Auf Nachfrage sagt Lüthi: «Ich war echt baff, als ich an diesem Plakat vorbeilief.» Für die Formulierung «fette Ferien», habe er null Verständnis.
«So diskreditiert man einen ganzen Berufsstand – und tut insbesondere den beworbenen Reiseländern überhaupt keinen Gefallen», erklärt er.
Denn in vielen beliebten Reiseländern gehe es für die Menschen gar nicht «fett» zu und her.
Lüthi ergänzt: «Ich habe Werbung im Incoming-Bereich gerade vor dem Hintergrund des Overtourism auch schon kritisiert. Im Outgoing finde ich sie nach wie vor gerechtfertigt – wenn sie gut ist und Stil hat.»
Als Incoming-Tourismus versteht man aus Schweizer Sicht die Einreise von Touristen in die Schweiz. Outgoing ist das Gegenteil – also Schweizer, die ins Ausland reisen.
Gleichwohl unterstreicht er einen Punkt, den er schon im Zusammenhang mit den Werbegeldern von Schweiz Tourismus gesagt hatte: «Das beste Marketing machen glückliche Kundinnen und Kunden. Mit schönen, einladenden Bildern auf Social Media und positiver Mund-zu-Mund-Propaganda in ihrem Umfeld.»
Auch Werber schütteln den Kopf
Was sagen renommierte Schweizer Werber zur provokanten L’tur-Kampagne? Teilen sie André Lüthis Kritik – oder hat der Reiseanbieter schlicht das erreicht, was Werbung im Idealfall soll: Aufmerksamkeit erzeugen und Emotionen wecken?
Für Kaspar Loeb, Senior Consultant bei der Kommunikationsagentur CRK, ist die Antwort klar: «Provokation ist ein feines Handwerk – sie darf berühren, aber nicht verletzen. Wer das nicht beherrscht, sollte besser die Finger davon lassen.»
In diesem Fall handle es sich schlicht um schlechte Werbung, so Loeb. «L’tur tut sich damit keinen Gefallen – und der Branche auch nicht.»
Auch Star-Werber Frank Bodin, Gründer und CEO von «bodin.consulting», kann der Kampagne wenig abgewinnen.
«Ein fettes Auto – meinetwegen. Aber fette Ferien? Das geht gar nicht», sagt er auf Anfrage.
«Anbiedernden Versuche gehen regelmässig schief»
Auf fette Ferien habe niemand Lust, so Bodin. «Es wirkt immer peinlich, wenn sich Erwachsene in vermeintlich jugendlicher Sprache probieren. Solche anbiedernden Versuche gehen regelmässig schief.»
Kommunikationsprofi Kaspar Loeb schiebt einordnend nach: «Man sollte die Verantwortung der Werbetreibenden nicht überhöhen. Sie müssen nicht die Welt verbessern, sondern gescheite und überraschende Ideen kreieren.»
Damit sollten laut Loeb Produkte und Dienstleistungen besser verkauft und die Reputation von Marken gestärkt werden.
In Zeiten, in denen Übertourismus vielen das Ferienerlebnis zum Albtraum mache, seien sicher keine fetten Ferien zu Schleuderpreisen angesagt. «L’tur: Zurück an den Start und besser machen!», fordert Loeb.
Ob L’tur die Aufregung nachvollziehen kann, bleibt offen: Mehrere Anfragen blieben unbeantwortet. Vielleicht ist die Leuchtreklame inzwischen ja auch bei L’tur selbst verblasst.
Eines jedoch lässt sich sagen: Aufmerksamkeit hat sie zweifellos erzeugt – wenn auch nicht im besten Licht.
Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst auf «Travelnews.ch» publiziert.