Tinder-Tina: «Habe meinen Freunden erzählt, dass ich dich date»

Tina* tindert sich durch Bern und Umgebung. In dieser Serie berichtet sie über ihre Dates. Das zweite Date mit Gabriel* steht bevor.

Das Wichtigste in Kürze

Tina* ist 25 Jahre alt und seit einigen Monaten wieder single.
Samstags und sonntags spricht sie über ihre neuesten Abenteuer.
Heute trifft sie Gabriel* zum zweiten Mal.
P. S. Beim Daten nimmt Tina natürlich auf die geltenden Corona-Massnahmen Rücksicht.

Gabriel und ich verstanden uns bei unserem ersten Date super. Der Freund meines Arbeitskollegen ist gross, sportlich und witzig. Was will ich noch mehr? Ein weiteres Date natürlich.

Nach viel Regen beim letzten Treffen will ich Gabriel bei Sonnenschein wiedersehen. Die Wetterfrösche versprechen diesen für kommenden Samstag. «Wie wär's, wollen wir den Spaziergang ohne Regenschirm wiederholen?», schlage ich vor. Gabriel erhebt seine Hand virtuell zum High-Five. «Vergiss deine Wanderschuhe nicht», scherze ich.

Staub durchkreuzt die Pläne

«Ich komme barfuss», kontert Gabriel. Als er am Samstagnachmittag dann mit Turnschuhen eintrifft, bin ich beinahe enttäuscht. Ein Spassvogel, der seine Versprechen nicht einhält. «Hast du deine Katze mitgebracht?», sagt er und berührt die Figur aus Gusseisen auf der Steinmauer hinter mir. Zum gefühlt hundertsten Mal warte ich hier auf ein Date. Die Katze sehe ich heute aber zum ersten Mal.

«Wir spazieren nach oben, oder?», frage ich Gabriel. «Bist du denn fit genug?», fordert er mich heraus. Und schon eile ich ihm voraus. Das Ziel: der Aussichtsturm des Gurten. Das Fussball-Training vom Morgen noch in den Beinen, quält er sich, mit mir Schritt zu halten.

Saharastaub Wetter — Bereits im Februar zog eine Sahara-Staubwolke über Europa. - AFP/Archiv

Zwischen tiefen Atemzügen unterhalten wir uns über die vergangene Woche. «Hast du nicht etwas von Sonne erzählt?», scherzt Gabriel. Leider hatte ich die Wetterverhältnisse in der Wüste nicht mit einberechnet. Jetzt trübt der Sahara-Staub die Sicht – ein Anfängerfehler!

Gerade als wir oben ankommen, blickt mich Gabriel an. «Ist das nicht Juan?», sagt er lachend. Die beiden wollen mich doch verarschen. «Sag mal, habt ihr euch abgesprochen?», frage ich ungläubig. Zwei Dates mit dem Kollegen des Arbeitskollegen. Und beide Male treffen wir einander? Das kann doch kein Zufall sein! War es, wie mir beide später bestätigen werden.

Bitte kein Normalo!

Das Intermezzo bleibt kurz. Gabriel und ich erklimmen den Aussichtsturm. «Weisst du, manchmal bin ich etwas eigenartig», erklärt er mir in luftiger Höhe. Es interessiere ihn aber nicht, was andere über ihn denken würden. «Normal ist mir sowieso zu langweilig», beruhige ich ihn. Obwohl ich mich neben Gabriel gut aufgehoben fühle, bin ich froh, dass wir vom Turm runtersteigen. Schwindelfrei bin ich nämlich nicht.

Nach einer Kaffeepause beim Kiosk gehen wir den Berg wieder runter. Die Gespräche sind nach wie vor gut, fast rutschen wir ins Philosophische ab. Bei der Talstation angekommen, nimmt mich Gabriel in den Arm. «Es war wirklich cool heute!», sagt er. Ich spüre ein «Aber» mitschwingen. Doch es kommt nichts. «Ciao, ciao», sage ich und mache mich auf den Weg nach Hause. Der Abschied: etwas zu schnell für mein Gefühl.

Das Zepter wechselt die Hand

Ich nehme mir vor, das Zepter für ein drittes Date in Gabriels Hände zu legen. Ich will sehen, wie gross sein Interesse wirklich ist. Nach ein paar Tagen aber kommt unser Chatverlauf fast zum Erliegen. Eine letzte Nachricht noch, bevor sich die Sache verläuft:

«Ich hab meinen Freunden erzählt, dass ich Tinder-Tina von Nau.ch date», schreibt er mir plötzlich. Deren Resonanz fiel wohl nicht gerade positiv aus. Denn Gabriel schreibt weiter: «Ich habe gerade viel um die Ohren. Melde mich aber wieder, wenn ich Zeit und Lust auf einen Kaffee habe», schreibt er. Mal sehen, ob mir die Lust bis dahin nicht schon vergangen ist.