Vor 40 Jahren ging die Serie «Holocaust» um die Welt. Nur in Deutschland gab es starken Widerstand gegen die Ausstrahlung. Eine Doku zeigt, was dann geschah.
Ein Bild aus der «Holocaust»-Serie.
Der Ankauf der US-Serie «Holocaust» war überaus umstritten. - WDR/Worldvision Enterprises Inc./dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Wort «Holocaust» war bis vor 40 Jahren in der deutschen Bevölkerung unbekannt.
  • Erst mit der US-Serie dieses Namens etablierte sich der Begriff.

Man kann es sich heute nicht mehr vorstellen, aber das Wort «Holocaust» war bis vor 40 Jahren in der deutschen Bevölkerung unbekannt. Erst mit der US-Serie dieses Namens, die ab 22. Januar 1979 erstmals ausgestrahlt wurde, etablierte sich der Begriff. Und erst mit «Holocaust» wurde der Völkermord an den Juden für Millionen Deutsche konkret. Viele Ältere, die noch selbst die Nazizeit miterlebt hatten, vergossen damals Tränen – nicht über reale Menschen, sondern über die fiktive Familie Weiss.

Der Ankauf der US-Serie war überaus umstritten – das dokumentiert jetzt der Film «Wie ‹Holocaust› ins Fernsehen kam». Auch die Serie selbst wird derzeit wiederholt.

«Diese Sendung «Holocaust» war nach meiner Erinnerung die umstrittenste Sendung, die der WDR je hatte», sagt Petra Witting-Nöthen, die das historische Archiv des Senders leitet. Der damalige WDR-Fernsehspielchef Günter Rohrbach bekam Morddrohungen, auf zwei Sendemasten wurden Sprengstoffanschläge verübt.

«Hetzserie»

Überall gab es Bedenken: Die Rechten ereiferten sich über die «Hetzserie», die Linken lehnten das «kommerzielle Hollywood-Melodram» aus Amerika ab. Viele Intellektuelle waren der Meinung, dass man die Massenvernichtung überhaupt nicht in Unterhaltungsfilmen aufbereiten dürfe. Und deutsche Filmemacher äusserten sich abfällig über manche Kameraeinstellung.

«Stellen Sie sich mal vor: Die ganze Welt sendet es – aber die Deutschen haben ästhetische Bedenken», sagt der heute 90 Jahre alte Rohrbach. Eine Ausstrahlung in der ARD konnte aber auch er nicht durchsetzen – als Kompromiss landete die Serie in den Dritten Programmen, die sich dafür immerhin auf gemeinsame Sendetermine einigten. An den meisten DDR-Bürgern ging die Serie dadurch vorbei: Sie konnten nur ARD und ZDF empfangen.

Enorme Wirkung

Als der Vierteiler erst einmal lief, entfaltete er sofort eine enorme Wirkung. Nach WDR-Angaben hat damals fast die Hälfte der Bundesdeutschen über 14 Jahren wenigstens einen Teil der Serie gesehen. «Es war ein gewaltiger Erfolg», erinnert sich Rohrbach, «und der Erfolg bestand aber in einem Entsetzen».

Deutsche Filmemacher und Schriftsteller fragten sich, warum ihnen keine vergleichbare Erschütterung gelungen war. Zumal «Holocaust» noch nicht einmal für das deutsche Publikum konzipiert war, sondern eben für amerikanische Zuschauer. Die Antwort ist wohl: «Holocaust» erzählte das Geschehen einerseits aus der Opferperspektive. Das Leid von Millionen wurde in einem Einzelschicksal verdichtet – ähnlich wie dies auf andere Weise das «Tagebuch der Anne Frank» tut.

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