Neue Zahlen des Bundes zeigen: Wer an krankhaftem Übergewicht leidet, ist meistens schlecht ausgebildet. Woher kommt dieser Zusammenhang?
Deine Leber Dein Leben Leberzellkrebs risikofaktoren
Übergewicht zählt zu den Risikofaktoren einer Krebs-Erkrankung. - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Zahlen des BfS zeigen: Vor allem Menschen mit geringer Bildung neigen zu Fettleibigkeit.
  • Gründe dafür sind mangelndes Bewusstsein, aber auch weniger Zeit und Geld.

Wie gesund ist die Schweiz? Das hat das Bundesamt für Statistik (BfS) im Rahmen der nationalen Gesundheitsbefragung erhoben. Darin steht: «Personen, die nur die obligatorische Schule abgeschlossen haben, weisen häufiger Adipositas (Fettleibigkeit) auf als Personen mit einer höheren Ausbildung.»

In Zahlen sieht das so aus: Knapp 60 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer, die eine höhere Bildung genossen haben, sind normalgewichtig. Unter krankhafter Fettleibigkeit, also Adipositas, leiden bei den gut Ausgebildeten dagegen gerade mal acht Prozent.

Im Rahmen der nationalen Gesundheitsbefragung hat das Bundesamt für Statistik (BfS) Zahlen zu Gewicht und Ausbildungs-Level der Schweizerinnen und Schweizer erhoben.
Im Rahmen der nationalen Gesundheitsbefragung hat das Bundesamt für Statistik (BfS) Zahlen zu Gewicht und Ausbildungs-Level der Schweizerinnen und Schweizer erhoben. - BfS / Nau.ch

Wer hingegen nur die obligatorische Schule abgeschlossen hat, ist anfälliger für Übergewicht: Mehr als 20 Prozent der schlechter ausgebildeten Schweizerinnen und Schweizer sind fettleibig. 38 Prozent sind übergewichtig und nur knapp 40 Prozent bringen gesunde Zahlen auf die Waage.

Die Statistik zeigt sich tagtäglich im Wartezimmer von Ärzten wie Ralph Peterli, stellvertretender Chefarzt der Viszeralchirurgie am Claraspital Basel: «Patienten mit Übergewicht kommen öfter aus sozial schlechter gestellten Schichten.» Woran liegt der Zusammenhang zwischen Gewicht und Bildung?

Bewusstsein

Gebildete Menschen verfügen eher über das Wissen darum, wie viel Zucker und Fett in Fertigprodukten steckt. «In gut situierten Familien wird häufiger selber gekocht. Das sind sich ungebildete und damit ärmere Menschen weniger gewohnt», sagt Peterli, der auch das Amt des Präsidenten der Schweizerischen Gesellschaft für krankhaftes Übergewicht (SMOB) inne hat. Nicht nur die Ernährung, auch körperliche Aktivität trägt zu einem gesunden Gewicht bei. Auch da fehle oft das Bewusstsein – oder einfach die Zeit.

Einkommen und Zeit

Nicht nur das Wissen, auch Zeit und Geld sind wichtige Faktoren für eine gesunde Ernährung. Wer keinen höheren Abschluss gemacht hat, verdient oft auch weniger Geld. Frische Früchte und Gemüse allerdings sind teurer, als eine Packung Spagetti. Je kleiner der Lohn, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass jemand noch einen Zweitjob ausübt und für tägliches Joggen oder die Stunde Pilates am Abend schlicht keine Zeit mehr hat. Andere mögen für Fahrradfahren oder Kochen aber auch einfach keine Zeit aufwenden.

Gesundes Essen zuzubereiten braucht oft mehr Zeit und ist teurer.
Gesundes Essen zuzubereiten braucht oft mehr Zeit und ist teurer. - Keystone

Das Lustprinzip

Wir essen nicht nur, weil wir satt werden müssen. Wir essen, weil wir damit auch eine Lust befriedigen. «Ein Burger schmeckt vielen besser, als eine Gemüsepfanne.» Fettige, süsse oder sehr salzige Speisen schmecken besser, weil diese Substanzen den Geschmack verstärken. Die Befriedigung nach dem Essen ist also grösser, als beispielsweise bei fettarmen Speisen. «Der einfach strukturierte Mensch geht vielleicht eher nach den primitiven Instinkten», sagt Peterli, «während erst das richtige Wissen um Körper und Gesundheit auch Vollkorn und Spinat als Gewinn zu verbuchen hilft.»

Fett, Zucker und Salz sind Geschmacksverstärker – entsprechende Speisen sorgen darum für schnellere Befriedigung.
Fett, Zucker und Salz sind Geschmacksverstärker – entsprechende Speisen sorgen darum für schnellere Befriedigung. - Keystone

Vererbtes Übergewicht

Übergewicht kann auch eine Frage der Gene sein. «Die Vererbung kann beim einzelnen Patienten 30 bis 70 Prozent ausmachen», erklärt Peterli. Doch die Gene müssen nicht das letzte Wort haben. «Wer diese Gene hat, muss nicht zwingend übergewichtig sein. Aber er muss auf sein Gewicht achten und das fällt Menschen mit höherem Bildungsniveau oft leichter», so Peterli.

Die Gene übrigens sind nicht der einzige Weg, wie Übergewicht von einer auf die nächste Generation übergehen kann: «Essverhalten ist erlernt. Die Kinder schauen es ihren Eltern ab», so der Medizinier. Fehlt bereits den Eltern das Wissen um gesunde Ernährung, können sie es ihren Kindern auch nicht weitergeben.

Ad
Ad