Frauen, Männer und teilweise auch Kinder werden in vielen psychiatrischen Kliniken der Schweiz gemeinsam untergebracht. Das birgt Risiken.
Zimmer lassen sich nicht abschliessen. Klinik für Forensische Psychiatrie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.
Zimmer lassen sich nicht abschliessen. Klinik für Forensische Psychiatrie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • An vielen psychiatrischen Kliniken werden Männer und Frauen gemeinsam untergebracht.
  • Das ist zwar nahe am Alltag, birgt aber das Risiko sexueller Gewalt.
  • Auch Jugendliche werden teilweise auf der Station der Erwachsenen untergebracht.

Wer in einer psychiatrischen Klinik behandelt wird, hat bereits einiges erlebt. Die Klinik nun soll Hilfe bieten und eine sichere Insel sein im sonst überfordernden Alltag. Doch was, wenn ausgerechnet in den Räumen und auf den Gängen der Klinik neue Gefahr droht?

Um sicher zu gehen, dass psychisch kranke Menschen die richtige Behandlung in einem sicheren Umfeld bekommen, prüft die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) im Auftrag des Bundes verschiedene Institutionen. Dabei traten einige Mängel zu Tage.

Täter sind auch Patienten

In der zuletzt geprüften Psychiatrische Universitätsklinik Zürich (PUK) – wie in den meisten anderen psychiatrischen Kliniken auch – sind Männer und Frauen gemeinsam untergebracht. Damit soll sichergestellt werden, dass die Situation in der Klinik nicht allzu weit vom Alltag entfernt ist.

Doch das birgt Risiken: «Aus therapeutischer Sicht kann die Durchmischung der Geschlechter sinnvoll sein. Aber damit öffnet man auch die Tür für sexuelle Gewalt», sagt Werner Tschan, Leiter des Basler Instituts für Psychotraumatologie gegenüber der «SonntagsZeitung».

Tschan spricht aus Erfahrung: Gemeldet habe sich bei ihm im Beratungszentrum «zum Beispiel eine gerade erst volljährige Frau, die psychisch krank wurde, weil der Vater sie misshandelt hatte.» Nach der Einweisung habe sie sich zum ersten Mal seit langem wieder sicher gefühlt. «Dann verging sich ein Mitpatient auf der Station an ihr.»

Minderjährige auf Erwachsenen-Station

Die Kontrolle in Zürich zeigte zudem, dass teilweise minderjährige Patienten auf der Station der Erwachsenen untergebracht worden sind. Auch hier ist das Risiko von sexueller Gewalt hoch: «Eine der Minderjährigen gab im Gespräch an, von Männern auf der gleichen Station belästigt worden zu sein», sagt NKVF-Geschäftsführerin Sandra Imhof. Zürich ist kein Einzelfall, in Medrisio TI werden jährlich etwa ein Dutzend Kinder auf der Erwachsenenstation behandelt. Eines davon war gerade mal 13 Jahre alt.

Strafrechtlich verfolgt werden nur wenige Übergriffe. «Opfer von Sexualdelikten zeigen diese aufgrund schwieriger Beweisführung selten an», sagt Psychiaterin Silvia Cueni. Zudem würden viele Patienten davon ausgehen, «dass man ihnen aufgrund ihrer Krankheit wenig Glauben schenken wird».

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