In der Mittagspause füllen wir noch ganz andere Tanks, als unseren Magen. Warum das Essen mit Arbeitskollegen so wichtig ist, erklärt die Psychologin.
Warum Sie den Tisch heute am besten mit Arbeitskollegen teilen.
Warum Sie den Tisch heute am besten mit Arbeitskollegen teilen. - Pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweizer machen durchschnittlich 40 Minuten Mittagspause.
  • Wer vor dem PC isst, verpasst sein Sättigungsgefühl und eine Gelegenheit zum Auftanken.
  • Ein Team, dass auch über andere Themen, als die Arbeit spricht, rückt näher zusammen.

Die Zeiger der Uhr ticken Richtung 12. Bald ist Mittagszeit. Haben Sie gerade viel zu tun? Spielen Sie mit dem Gedanken, diese lange Pause auszulassen? Schnell, schnell vor dem Computer eine Suppe löffeln? Auf dem Weg zum nächsten Meeting ein Sandwich verdrücken? Tun Sie es nicht.

Ronia Schiftan, Psychologin bei der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE weiss, wie wichtig die Mittagspause ist. Sie erklärt, warum Essen bei der Arbeit wichtig ist.

Teambildung

«Esskultur ist Teamkultur», sagt Schiftan. Eine gemeinsame Pause bietet einerseits die Möglichkeit, losgelöst von den üblichen Strukturen über verschiedene Themen zu sprechen. Dinge, die einen stören oder freuen «oder auch mal über etwas ganz anderes, als die Arbeit», fügt Schiftan an. Denn wer auch Privates von seinen Arbeitskollegen weiss, rückt emotional automatisch näher zusammen. Funktioniert das Team, steigt das Wohlbefinden und die Qualität der Arbeit.

Zusammen Pause machen stärkt den Teamgeist. Davon profitieren die Arbeitgeber genauso, wie die Arbeitnehmer.
Zusammen Pause machen stärkt den Teamgeist. Davon profitieren die Arbeitgeber genauso, wie die Arbeitnehmer. - keystone

Gesundheit

«Pausen zu überspringen ist doppelt doof: Dann isst man nämlich nebenbei vor dem Computer etwas und bemerkt weder was, noch wieviel. Das Gefühl «ich bin satt», fällt weg. Zudem hat man sich keinen Augenblick entspannt und vom vielleicht anstrengenden Vormittag erholt», sagt Schiftan. Die Folge: Die Effizienz und Gesundheit geht früher oder später den Bach runter.

Regeneration

«Wir verlangen von uns selber so viel Ausdauer, aber produktiv ist das nicht», sagt Schiftan. Im Gegenteil: Studien belegen, dass einerseits die Produktivität nach einer (kurzen) Pause steigt. Andererseits Angestellte mit kürzeren Arbeitswochen und mehr Freizeit insgesamt produktiver sind.

Wissensaustausch

Dass es in manchen Unternehmen nicht nur toleriert, sondern gar erwartet wird, dass die Angestellten mehr oder weniger oft die Mittagspause durchackern, ist nicht nur schlecht für deren Gesundheit und die Teambildung, es verhindert auch, dass Wissen übertragen wird. «Arbeitgebende profitieren davon, wenn ihre Angestellten gemeinsam eine entspannte Mittagspause verbringen», sagt Schiftan. «Denn Wissen und Organisationskultur werden beim Essen automatisch weitergegeben und gelebt.»

Ronia Schiftan, Fachverantwortung Psychologie und Betriebliches Gesundheitsmanagement bei der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE).
Ronia Schiftan, Fachverantwortung Psychologie und Betriebliches Gesundheitsmanagement bei der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE). - SGE

Wertschätzung

Auch der Arbeitgeber kann via Pause eine wichtige Botschaft unter die Leute bringen: Wertschätzung. «Ein täglicher Früchtekorb zum Beispiel wird von vielen Mitarbeitern sehr geschätzt und vermisst, wenn er unter Sparmassnahmen weggekürzt wird», sagt Schiftan. Wichtig dabei sei allerdings, dass der Arbeitgeber nicht nur den Korb liefert, sondern die Arbeitnehmer Apfel, Rüebli und Co. nicht vor dem Bildschirm herunterschlingen müssen, sondern tatsächlich während einer kurzen Pause geniessen dürfen.

Auch schöne Pausenräume, ausladende Tische, eine kleine Küche und vor allem Ausweichmöglichkeiten am Mittag steigern die Zufriedenheit der Angestellten ungemein.

Gefühlsbarometer

Damit all die guten Seiten des gemeinsamen Mittagessens zu Tage treten, braucht es Zeit. «Mindestens 20 Minuten reine Essenszeit sollten es schon sein», sagt Schiftan. Wer diese Zeit allerdings lieber alleine verbringt, weil der beispielsweise als Verkaufsperson den ganzen Tag mit Menschen und im Gespräch verbringt, muss sich auch zurückziehen können.

«Wenn jemand scheel angeschaut wird, weil er am Mittag zum Essen das Büro verlässt, läuft etwas falsch», so die Ernährungspsychologin. Wenn sich allerdings jemand regelmässig vor dem gemeinsamen Team-Essen drückt, weil mit dem Vorgesetzten oder den Kollege Knatsch besteht, der sollte das Gespräch suchen. Wenn das gemeinsame Mittagessen auf den Magen schlägt, kann das auch stressen.

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