Weiterbildung: Wie Frauen die Arbeitswelt verändern
Frauen stehen heute dank Weiterbildung alle Berufe offen – theoretisch. In der Praxis sieht es vor allem bei hoch qualifizierten Frauen oft anders aus.

Das Wichtigste in Kürze
- Rund 80 Prozent der Frauen im erwerbsfähigen Alter gehen einer beruflichen Tätigkeit nach.
- Mehr als ein Drittel der Führungspositionen sind mit Frauen besetzt.
Noch in den 1960er-Jahren lag die Erwerbsquote der Frauen laut «Historischem Lexikon der Schweiz» bei 33 Prozent. Heute sind laut Bundesamt für Statistik 80,8 Prozent aller Frauen zwischen 15 und 64 Jahren, dem sogenannten erwerbsfähigen Alter, erwerbstätig. Allerdings gibt es nach wie vor grosse Unterschiede bei der Art der Arbeit – und bei der Entlöhnung.
Noch keine Parität bei Führungspositionen
Auch wenn seit Jahren Parität angestrebt wird, sieht die Realität anders aus: Lediglich ein Drittel der Führungspositionen in der Schweiz sind mit Frauen besetzt. Liegt es am fehlenden Empowerment der Frauen oder gibt es noch andere Gründe?

Tatsächlich engagieren sich auch Frauen stark bei der Weiterbildung, um ihre Karriere zu fördern. Sie qualifizieren sich beruflich weiter und belegen Kurse für Führungskräfte. Dennoch tun sich viele Unternehmen schwer, hoch qualifizierte Frauen zu finden – und noch schwerer, sie an sich zu binden.
Die berühmte Glasdecke
Als Glasdecke wird die unsichtbare Barriere bezeichnet, die Frauen heute noch trotz aller Qualifikationen und Weiterbildungen am Aufstieg hindert.
Das Wirtschaftsmagazin «The Economist» stellte der Schweiz in dieser Hinsicht ein schlechtes Zeugnis aus: Im Glass-Ceiling-Index 2023 belegte die Schweiz einen deprimierenden 26. Platz hinter allen anderen europäischen Nationen. Schlechter schnitten nur die Türkei, Japan und Südkorea ab.

Female Empowerment ist also kaum mehr als eine Worthülse im Land. Dabei liegt es nicht einmal so sehr an weiblicher Präsenz in Vorstandsetagen und Verwaltungsräten. Was Frauen tatsächlich ausbremst, sind der Gender-Pay-Gap, die Regelungen zum Mutterschaftsurlaub und die exorbitanten Kosten der Kinderbetreuung.
Anders gesagt: Kaum ein anderes Land in Europa macht es Frauen so schwer, Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen. Um mehr Frauen den Aufstieg zu ermöglichen, müsste also vor allem die Kinderbetreuung verbessert werden.
Entscheiden sich Frauen dann doch für Weiterbildung und Karriere, bekommen sie es oft mit männlich dominierten Seilschaften zu tun. Diese schieben sich untereinander wichtige Posten zu und behindern Frauen sogar aktiv am weiteren Aufstieg.
Frauen sind bei der Weiterbildung wählerischer als Männer
Ein Faktor, der seltener Beachtung findet, ist die innere Einstellung der meisten Frauen. So sind viele von ihnen generell weniger karriereorientiert als Männer. Ihnen sind Aspekte wie ein angenehmes Arbeitsumfeld und eine gute Work-Life-Balance wichtiger.
Dazu kommt, dass Frauen bestimmten Branchen eher skeptisch gegenüber stehen. Besonders unbeliebt ist einer Umfrage der Universität Mannheim zufolge die Finanzbranche.

Dafür wurden 1100 Studierende in Frankfurt, Mannheim und St. Gallen befragt. 50 Prozent der weiblichen Befragten gaben an, dass sie die starke Wettbewerbsorientierung nicht mochten.
Auch empfanden Frauen die Finanzbranche überdurchschnittlich häufig als inkompatibel mit ihren Moralvorstellungen. Als ebenfalls abschreckend wurde die Energiebranche bewertet.
Der Weg ist erst halb gegangen
Auch wenn sich die berufliche Gleichstellung der weiblichen Bevölkerungshälfte verbessert hat, gibt es beim Female Empowerment noch viel zu tun.
Dazu gehören eine bessere Kinderbetreuung und ein stärker von weiblichen Werten geprägtes Arbeitsumfeld. Dies fördert die intrinsische Motivation, den Wunsch zur Weiterbildung im Beruf und Verbundenheit mit dem Unternehmen.