Obwohl neue Lebensmitteltechnologien wichtig für Klima und Umwelt sind, lehnen wir sie ab. Und das einfach nur, weil sie uns anekeln, zeigt eine neue Studie.
Gentechnik
Gentechnik in der Petrischale. - iStock

Das Wichtigste in Kürze

  • Ekel schützt zwar vor verdorbenen Lebensmitteln, steht aber auch dem Fortschritt im Weg.
  • Denn auch neue Lebensmitteltechnologien, die gut für die Umwelt wären, finden wir eklig.
  • Wegen des Ekels sind genverändertes oder künstlich hergestelltes Fleisch für uns Risiken.
Ad

Ekel ist etwas Gutes. Denn ob vergammeltes Fleisch oder schmutziges Besteck – vieles was uns anekelt, enthält oft gesundheitsschädliche Keime. Doch Ekel ist auch eine Fortschrittsbremse.

Er führt dazu, dass Menschen neue Technologien, mit denen gesündere und umweltfreundlichere Lebensmittel hergestellt werden können, ablehnen. Das entdeckten Psychologen der ETH Zürich.

Sie baten 313 Probanden, neue Lebensmitteltechnologien einzuschätzen. Darunter Fleisch, welches gentechnisch so verändert ist, dass es mehr von den gesunden Omega-3 Fettsäuren enthält; Fleisch welches mit einem essbaren Nanotechnologie-Film überzogen und so länger haltbar ist; Fleisch und Milch, die nicht von Tieren stammen, sondern im Labor hergestellt werden, sowie künstliche Lebensmittelzusätze aus Schimmelkulturen.

Gammel-Fleisch
Jemand schneidet am 19.9.06 im Labor des «Chemischen und Veterinärsuntersuchungsamt Freiburg» ein Stück Gammel-Fleisch ab. - Keystone

Zu jeder Technologie mussten die Probanden Risiko,Nutzen sowie ihren eigenen Ekel und Bereitschaft, die Lebensmittel zu konsumieren, einschätzen. Dies taten sie auf einer Skala von 1 bis 100: Je höher der Wert, desto höher der Ekel und das empfundene Risiko.

Ekel gleich Risiko

Es stellte sich heraus: Die Studienteilnehmer schätzten Technologien dann als risikoreich ein, wenn sie sie auch besonders eklig fanden. Dann wollten sie die Produkte auch nicht essen, insbesondere gentechnisch verändertes Fleisch und Fisch sowie Fleisch mit Nanofilm-Überzug.

So bewerteten die Probanden das Genfleisch im Mittel mit 65 Punkten der Ekelskala und mit 73 Punkten der Risikoskala. Künstliche Lebensmittelzusätze wurden mit 42 Punkten als weniger ekelig und mit 49 Punkten auch als weniger riskant angesehen.

«Der Grund für den Ekel liegt sicherlich darin, dass die Menschen diese Technologien mit einer Kontamination in Verbindung bringen», sagt ETH-Psychologe Michael Siegrist, der die Studie leitete.

Fadenwürmer erwecken «Gefühl einer Verschmutzung»

So enthielt die Beschreibung der Gentechnologie beispielsweise die Information, dass das entsprechende Gen aus einem Fadenwurm kommt. «Das erweckt möglicherweise das Gefühl einer Verschmutzung.» Ausserdem, so Siegrist, würden Produkte wie genmanipuliertes oder im Labor erzeugtes Fleisch als unnatürlich empfunden. Alles, was von der Natur kommt, gelte dagegen als gut.

«Arena»
Am 25. September 2022 stimmt das Schweizer Stimmvolk über die Massentierhaltungsinitiative ab. - Keystone

Doch die weltweite Massentierhaltung schadet dem Klima und der Umwelt, langfristig führt also wohl kein Weg an künstlichen Alternativen vorbei. Dass ihr Fleischkonsum ein Problem für Klima und Umwelt ist, sei aber den wenigsten bewusst, sagt Michael Siegrist.

Um die Akzeptanz für neue Lebensmitteltechnologien zu steigern, müsste man also erst das Bewusstsein dafür schaffen, dass sie notwendig sind. Dann schaffen wir es vielleicht auch, unseren Ekel vor dem Fortschritt zu überwinden.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

ETH ZürichMassentierhaltungsinitiative