Vom Panzer zum Gleiter: Mercedes S-Klasse heute und damals
Ein V12-Saugmotor mit 6 Litern Hubraum und über zwei Tonnen Leergewicht – der Mercedes W140 S600 war in den 90ern das Statement-Auto schlechthin. Und heute?

Die Mercedes-Benz S-Klasse steht seit jeher als unangefochtene Benchmark für Luxus, Sicherheit und technischen Fortschritt im Automobilbau. Über die Jahrzehnte hat jede Generation dieser Baureihe den Standard für automobile Flaggschiffe neu gesetzt.
Am Beispiel der beiden Baureihen W140 und W223 wird ersichtlich, wie sich die S-Klasse mit der Zeit gewandelt hat. Der Mercedes S600 der Baureihe W140, eingeführt im Jahr 1992, war symbolisch für das «Overengineering» von Mercedes-Benz.

Er war eine physisch monumentale, kompromisslose Luxuslimousine, die ihre Überlegenheit durch schiere Masse, aufwendige mechanische Detaillösungen und eine noch nie dagewesene Geräuschdämmung demonstrierte. Er war gleichzeitig die letzte S-Klasse, die dem Dogma «Das Beste oder Nichts» mit einer beeindruckenden physischen Präsenz und mechanischer Komplexität Ausdruck verlieh.
Technische Daten Mercedes S600 W140
Der Mercedes S600 der Baureihe W140 wurde von einem legendären 6.0-Liter-V12-Saugmotor angetrieben. Dieser trug die interne Bezeichnung «M120».

Dieser monumentale Motor leistete in der ersten Bauserie bis September 1992 300 kW (408 PS) bei 5.200 U/min und ein maximales Drehmoment von 580 Nm. Nach einer Überarbeitung 1992 sank die Leistung leicht auf 290 kW (394 PS) und das Drehmoment auf 570 Nm.
Der W140-V12 setzte auf den reinen Hubraum und die Laufruhe eines Zwölfzylinders, was ein sanftes Fahrerlebnis ohne spürbare Anstrengung garantierte.
Technische Daten Mercedes S580 W223
Demgegenüber steht der moderne Antriebsstrang des S580 der Baureihe W223. Er wird von einem 4.0-Liter-V8-Biturbo-Motor mit einem Mild-Hybrid-System angetrieben.

Dieses Aggregat erzeugt eine Leistung von ca. 385 kW (523 PS) bei 5.500 U/min und ein eindrucksvolles Drehmoment von 700 Nm im breiten Drehzahlbereich. Die Kraft wird über ein Neun-Gang-Automatikgetriebe und den serienmässigen 4MATIC Allradantrieb auf die Strasse gebracht.
Der Motor des S580 W223 stellt einen fundamentalen Wandel dar: Anstatt auf mechanische Grösse zu setzen, nutzt er technologische Optimierung, Turbotechnik und elektrische Unterstützung, um aus einem kleineren Hubraum eine deutlich höhere Leistungsdichte zu erzielen. Das Mild-Hybrid-System sorgt dabei für einen sofortigen Drehmoment-Boost aus dem Stand und einen sanfteren Betrieb des Start-Stopp-Systems.
Fahrdynamik: Vom Panzerschiff zum digitalen Gleiter
Die Leistungsunterschiede zeigen sich am deutlichsten in der Beschleunigung. Der W140 benötigte mit seinem V12-Motor je nach Quelle zwischen 6.5 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h.

Der S580 (W223) hingegen absolviert diese Disziplin mit einer beeindruckenden Zeit von nur 3.9-4.3 Sekunden.
Beide Fahrzeuge sind bei 250 km/h elektronisch abgeregelt.
Effizienz und Reichweite: Die Zeitenwende
Der Kraftstoffverbrauch ist ein weiterer Bereich, der den Wandel in der Automobilphilosophie illustriert. Der W140 konsumierte laut EU-Messung 11.8 bis 13.7 l/100 km im kombinierten Zyklus.
Um trotz dieses hohen Verbrauchs eine akzeptable Reichweite zu gewährleisten, war der W140 mit einem massiven 100-Liter-Tank ausgestattet. Der S580 (W223) hingegen erreicht einen Verbrauch von rund 10 l/100km.

Er kommt dabei mit einem erheblich kleineren 76-Liter-Tank aus. Der W223 erzielt mit einem 25 % kleineren Tank eine vergleichbare oder sogar bessere Reichweite.
Gewicht: Das Ende der «Big-Body»-Ära
Das Leergewicht des W140 S600 war mit 2'180-2'250 kg ein wesentliches Merkmal seiner Ästhetik und seines Fahrgefühls. Die massive Bauweise sollte ein unerschütterliches Gefühl von Solidität und Sicherheit vermitteln.
Der W223 S580 wiegt mit 2'095- 2'140kg überraschenderweise weniger, obwohl er mit einer Fülle an zusätzlicher Technologie ausgestattet ist. Das Gefühl von Solidität wird heute auch durch aktive Systeme und digitale Isolation vermittelt, nicht mehr rein durch physische Schwere.