Polestar: Skandinavien-Image, China-Fakten und Rabattdruck
Polestar präsentiert sich als schwedische Performance-Marke. Doch die Finanzspritze aus China und technische Rückstände werfen Fragen auf.

Herzschmerz beim E-Auto-Kauf? Manche Modelle versprechen viel, doch der Blick hinter die Kulissen lohnt sich immer. Gerade beim schwedisch anmutenden Premium-Stromer Polestar zeigen sich spannende Widersprüche.

Polestar verkauft sich als skandinavisch geprägter E-Auto-Hersteller. Seit 2017 baut die Marke auf ihr Volvo-Erbe und eine starke Designsprache. Das Versprechen von Minimalismus und Leistung kommt in Westeuropa gut an.
Skandinavisches Design und chinesische Kontrolle
Doch die Realität der Eigentümerstruktur ist eine andere: Die chinesische Geely Holding kontrolliert das Unternehmen direkt und indirekt zu rund 80 Prozent. Polestar produziert seine Autos nach dem «Asset-Light»-Prinzip hauptsächlich in Geely- oder Volvo-Werken in China.
Diese Konstellation erlaubt zwar schnelles Wachstum, trübt aber das Bild der unabhängigen Schweden-Marke.
Das Nachhaltigkeitsversprechen als Trumpf
Polestar setzt stark auf das Thema Nachhaltigkeit. Das Unternehmen nutzt dies nicht nur als Werbefläche, sondern als echtes Alleinstellungsmerkmal.

Die Marke will Autos entwickeln, die weniger neue Materialien benötigen und wenig Abfall erzeugen. Seit 2020 konnten die Treibhausgasemissionen pro verkauftem Fahrzeug bereits um 25 Prozent gesenkt werden.
Das Bekenntnis zur Nachhaltigkeit gibt Polestar einen praktischen Vorteil gegenüber vielen etablierten Premium-Herstellern. Der hohe Anspruch an Kreislaufwirtschaft hebt die Marke klar von der Konkurrenz ab.
Preisdruck in der Schweiz: Ein Alarmsignal
Die Finanzlage des Unternehmens ist angespannt, was auch der Schweizer Kunde spürt. Polestar musste im dritten Quartal 2024 hohe Nettoverluste melden.
Die Verkäufe gingen zurück, darum reagiert die Marke nun mit extrem aggressiven Preisanreizen. Schweizer Kunden erhalten derzeit beim Kauf neuer Modelle attraktive Boni von bis zu 10'000 Franken.
Solche hohen Rabatte fördern kurzfristig den Absatz. Langfristig können sie jedoch den Premium-Anspruch der Marke untergraben.
Die technische Bremse im Konzern
Ein kritischer Punkt betrifft die Ladetechnik der aktuellen Volumenmodelle. Polestar nutzt für wichtige Neuheiten wie den Polestar 4 nur eine 400V-Architektur.

Das konzerninterne Geschwistermodell Zeekr bietet jedoch bereits die überlegene 800V-Technologie. 800V-Systeme laden deutlich schneller und etablieren sich als Standard im Premium-EV-Segment.
Polestar hinkt hier der Konkurrenz und den eigenen Konzernmarken technologisch hinterher. Dies erschwert es Polestar, den vollen Premium-Preis zu rechtfertigen.
Service-Netzwerk als Retter im Alltag
Polestar betreibt den Verkauf über ein Direktvertriebsmodell ohne klassische Händler. Dieses System spart zwar Kosten, birgt aber das Risiko von Kundenfrustration bei der Abwicklung.

In der Schweiz mildert Polestar diesen Nachteil geschickt ab. Die Wartungs- und Servicearbeiten laufen über das etablierte und dichte Volvo-Händlernetz.
Dieses robuste Netzwerk bietet einen kundenorientierten Service und schnellen Support. Damit kompensiert das Unternehmen die Schwächen des reinen Onlinekaufs.